Weller

Amtsgericht Gießen,
Aktenzeichen 6 IN 82/14  :
 
In dem Insolvenzverfahren
über das Vermögen des
 
Hans-Jörg Weller, geboren am 14.06.1964, Dorfstraße 38,
35428 Langgöns, als ehemaliger Inhaber der Firma Holz  Müller e.K. (AG
Gießen , HRA 2557), 
 
wird die Vergütung des Insolvenzverwalters festgesetzt auf:
 
 
 
Dem Insolvenzverwalter Rechtsanwalt
Dr. Jan Markus Plathner, c/o RAe Brinkmann und Kollegen, Colmarer Straße 5,
60528 Frankfurt am Main, Tel.: 069/370022-0, Fax: 069/370022-111, E-Mail: frankfurt@brinkmann-partner.de
wird gestattet, den festgesetzten Betrag der Insolvenzmasse zu entnehmen.
 
 
G r ü n d e:
 
Der Insolvenzverwalter hat am 10.08.2022 die Festsetzung einer
Verwaltervergütung sowie Auslagen in Höhe von insgesamt  EUR (brutto) beantragt.
Mit Schreiben vom 16.09.2022 ist eine Zwischenverfügung durch das Gericht
ergangen. Daraufhin hat der Insolvenzverwalter am 27.09.2022 eine Stellungnahme
abgegeben. Insoweit erfolgt die Festsetzung antragsgemäß.
Da das Insolvenzverfahren vor dem 01.01.2021 beantragt worden ist, sind
die bis zum 31.12.2020 geltenden Vorschriften der insolvenzrechtlichen
Vergütungsverordnung anzuwenden, § 19 Abs. 5 InsVV.
 
Berechnungsgrundlage, § 1 InsVV:
Nach § 1 InsVV wird die Vergütung nach dem Wert der Insolvenzmasse
berechnet, auf die sich die Schlussrechnung bezieht. Die Kosten des
Insolvenzverfahrens und die sonstigen Masseverbindlichkeiten werden nicht
abgesetzt. Aus der mit der Schlussrechnung eingereichten Summen- und
Saldenliste sind Einnahmen in Höhe von 31.123,92 EUR ersichtlich.
Absonderungsrechte werden bei der Ermittlung der Berechnungsgrundlage mit
Ausnahme der in § 1 Abs. 2 Nr. 1 InsVV geschilderten Regelungen nicht
berücksichtigt.
Die aus der Summen- und Saldenliste unter Sachkonto A 100 ersichtlichen
ausgezahlten Absonderungsrechte in Höhe von 1.785,00 EUR sind daher von der
Berechnungsgrundlage abzuziehen.
Nach dem Beschluss des BGH vom 25.07.2007 (IX ZB 147/06), ZinsO 2007,
Seite 1347 ist eine Umsatzsteuererstattung, die die Masse bei Einreichung der
Schlussrechnung mit Sicherheit noch zu erwarten hat, bei der
Bemessungsgrundlage für die Vergütung des Verwalters zu berücksichtigen. Aus
der gesondert festgesetzten Vergütung des vorläufigen Verwalters ist eine
Vorsteuererstattung in Höhe von 218,50 EUR zu erwarten. Dieser Betrag ist unter
Bezugnahme auf die oben genannte Besprechung der Berechnungsgrundlage
hinzuzusetzen.
Die Berechnungsgrundlage setzt sich aus folgenden Einzelwerten zusammen:

1.     

Einnahmen
gemäß Schlussrechnung

31.123,92
EUR

2.     

Abzüglich
ausgezahlter Absonderungsrechte

-1.785,00
EUR

3.     

Zuzüglich
erwartete Vorsteuererstattung aus Vergütung vorläufige Verwalter

218,50
EUR

 

Berechnungsgrundlage
gesamt:

29.557,42
EUR

 
Der Insolvenzverwalter hat in seinem
ursprünglichen Antrag für das Gericht nicht nachvollziehbare Positionen
angesetzt und eine Berechnungsgrundlage in Höhe von 29.863,10 EUR ermittelt.
Nach der gerichtlichen Zwischenverfügung vom 16.09.2022 erklärte sich der
Insolvenzverwalter in seiner Stellungnahme vom 27.09.2022 mit dem Festsetzen
der Berechnungsgrundlage in Höhe von 29.557,42 EUR einverstanden.
 
Regelsatz, § 2 InsVV:
Aus der nach § 1 InsVV ermittelten Berechnungsgrundlage ergibt sich nach
§ 2 InsVV eine Regelvergütung in Höhe von  EUR.
 
Zu- und Abschläge, § 3 InsVV:
Zuschläge wurden nicht beantragt. Tatbestände, die das Ansetzen von
Abschlägen rechtfertigen sind nicht erkennbar, so dass es bei der Festsetzung
der zuvor ermittelten Regelvergütung verbleibt.
 
Absetzung wegen entnommenen Rechtsanwaltsgebühren:
 
Das Gericht im Wege der Schlussrechnungsprüfung
festgestellt, dass der Insolvenzverwalter im Zusammenhang mit der
Verwertung des Grundbesitzes Rechtsanwaltskosten in Höhe von insgesamt 
EUR netto der Masse entnommen hat. Hinsichtlich der Zusammensetzung dieses
Betrages wird auf die Ausführungen im gerichtlichen Schreiben vom 16.09.2022
sowie auf den Prüfungsvermerk verwiesen.
Die Entnahme der Rechtsanwaltsgebühren wurde als nicht zulässig erachtet.
Denn es wurde zum einen das Wohnhaus des Schuldners an die Ehefrau veräußert
und zum anderen eine Landwirtschaftsfläche des Schuldners an dessen Schwester.
Eine geschäftskundige Person, die kein Rechtsanwalt ist, würde für diese
Rechtsgeschäfte – neben dem für die Beurkundung notwendigen Notar – keinen
Rechtsanwalt beauftragen. Bei diesem Rechtsgeschäft handelt es sich folglich um
eine Regelaufgabe, die der Insolvenzverwalter nicht fremd vergeben durfte.
Nach dem Beschluss des BGH vom 04.12.2014, IX
ZB 60/13, Rn 18 kann das Gericht die Vergütung um den zu Unrecht aus der Masse
entnommenen Betrag kürzen, wenn es zu dem Ergebnis kommt, dass Regelaufgaben
fremd vergeben worden sind. Aus diesem Grund wird die festgesetzte Vergütung um
den oben genannten Betrag gemindert. Der Insolvenzverwalter hat sich mit dieser
Verfahrensweise nach entsprechender gerichtlicher Zwischenverfügung ebenfalls
einverstanden erklärt.
 
Die Vergütung wird daher auf  EUR festgesetzt.
 
Auslagen, § 8 InsVV:
Die Auslagen sind gesondert festzusetzen. Es wurde die Pauschale nach § 8
Abs. 3 InsVV beantragt, die 15% der Regelvergütung für das erste Jahr sowie
jeweils 10% für jedes weitere angefangene Jahr beträgt. Die Auslagenpauschale
darf höchstens jedoch 30 % der Regelvergütung betragen. Das Verfahren hat
insgesamt 7 angefangene Jahre angedauert. Es können somit 30% der
Regelvergütung als Auslagenpauschale festgesetzt werden. Hierbei handelt es
sich um den zuvor geschilderten Maximalbetrag. Die Auslagenpauschale beträgt
insgesamt  EUR.
Neben der Auslagenpauschale wurde zusätzlich die Festsetzung der Kosten
für den Sach- und Personalaufwand beantragt, die dem Insolvenzverwalter
aufgrund der vom Gericht angeordneten Übertragung des Zustellungswesens
entstanden sind. Laut dem Beschluss des BGH vom 21.03.2013 (IX ZB 209/10) ist
dem Insolvenzverwalter der zusätzliche Sach- und Personalaufwand, der infolge
der Übertragung des Zustellungswesens entstanden ist, zu ersetzen. Dabei ist
ein angemessener Betrag pro erfolgte Zustellung als Zuschlag festzusetzen.
Dieser tatsächliche Aufwand kann geschätzt werden. Der BGH führt in Rn. 22
unter Bezugnahme auf den weiteren Beschluss des BGH vom 19.01.2012 (IX ZB
25/11) und unter Bezugnahme auf Dr. Graeber in der ZInsO 2007, 204 f. aus, dass
der Sach- und Personalaufwand 2,80 EUR pro Zustellung betragen kann. Der
Insolvenzverwalter hat 2,80 EUR pro Zustellung des Eröffnungsbeschlusses an 90
Gläubiger geltend gemacht. Dem Antrag ist aufgrund der zuvor zitierten
Rechtsprechung des BGH stattzugeben. Es werden daher zusätzlich  EUR aufgrund
der Übertragung des Zustellungswesens festgesetzt.
 
Umsatzsteuer, § 7 InsVV:
Nach § 7 InsVV ist auf die Vergütung und die Auslagen die Umsatzsteuer
festzusetzen.
 
Die Berechnung
im Einzelnen:
 
Rechtsmittelbelehrung
 
Diese Entscheidung kann mit der sofortigen
Beschwerde angefochten werden, soweit der Beschwerdegegenstand 200 EUR
übersteigt. Soweit dies nicht der Fall ist, kann sie mit der befristeten Erinnerung angefochten werden, wenn die Entscheidung von einem
Rechtspfleger getroffen wurde. Beschwerde- bzw. erinnerungsberechtigt ist, wer
durch diese Entscheidung in seinen Rechten beeinträchtigt ist.
Die sofortige Beschwerde und die befristete Erinnerung sind
innerhalb einer Notfrist von 2 Wochen einzulegen. Die Frist beginnt mit der
Zustellung bzw. mit der Verkündung der Entscheidung. Soweit die Zustellung
durch öffentliche Bekanntmachung erfolgt ist, beginnt sie, sobald nach dem Tage
der Veröffentlichung zwei weitere Tage verstrichen sind. Erfolgt die
öffentliche Bekanntmachung neben der Zustellung, ist für den Beginn der Frist
das frühere Ereignis maßgebend.
Die sofortige Beschwerde ist bei dem Amtsgericht Gießen,
Gutfleischstraße 1, 35390 Gießen einzulegen. Die befristete Erinnerung ist bei dem Amtsgericht Gießen, Gutfleischstraße 1, 35390 Gießen
einzulegen.
Die Beschwerde bzw. Erinnerung kann durch Einreichung einer
Beschwerdeschrift bzw. Erinnerungsschrift eingelegt oder auch zu Protokoll der
Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichts erklärt werden, wobei es für die Einhaltung
der Frist auf den Eingang bei dem zuständigen Gericht ankommt. Sie ist von dem
Beschwerdeführer bzw. Erinnerungsführer oder seinem Bevollmächtigten zu
unterzeichnen. Die Beschwerde bzw. Erinnerung muss die Bezeichnung des
angefochtenen Beschlusses sowie die Erklärung enthalten, dass Beschwerde bzw.
Erinnerung gegen diesen Beschluss eingelegt wird. Soll die Entscheidung nur zum
Teil angefochten werden, so ist der Umfang der Anfechtung zu bezeichnen.
Die Beschwerde bzw. Erinnerung soll begründet werden.
 
Hinweise:
Der vollständige Beschluss kann von den Beteiligten in der
Geschäftsstelle des Insolvenzgerichts eingesehen werden. Die Veröffentlichung
erfolgt aufgrund § 64 Abs. 2 InsO und dem Beschluss des BGH vom 14.12.2017 (Az.
IX ZB 65/16). Demnach ist der komplette Beschluss einschließlich Angabe der
Berechnungsgrundlage öffentlich bekannt zu machen. Lediglich die festgesetzten
Beträge dürfen nicht bekannt gemacht werden.
 
Amtsgericht Gießen, 26.10.2022.