W. Bockstiegel GmbH & Co. Reederei KG MS “BBC Arizona”

12 IN 153/19: In dem Insolvenzverfahren über das Vermögen der W. Bockstiegel GmbH & Co. Reederei KG MS “BBC Arizona”, Steinweg 3a, 26721 Emden (AG Aurich, HRA 200513), vertr. d.: 1. Verwaltungs GmbH MS “BBC Arizona”, Wildeshauser Straße 27, 27753 Delmenhorst, (persönlich haftende Gesellschafterin), vertr. d.: 1.1. Danica Aila Stubbemann, Wildeshauser Straße 27, 27753 Delmenhorst, (Geschäftsführerin), sind Vergütung und Auslagen des vorläufigen Insolvenzverwalters Rechtsanwalt Tim Beyer festgesetzt worden. Gemäß § 64 Abs. 2 S. 2 InsO sind die festgesetzten Beträge nicht zu veröffentlichen. Der vollständige Beschluss kann in der Geschäftsstelle des Amtsgerichts – Insolvenzgericht – Delmenhorst eingesehen werden. Die Festsetzung wird wie folgt bekannt gemacht:

EUR
Bruchteilsvergütung gemäß § 63 Abs. 3 InsO

EUR
um 25 % erhöht zuzüglich

EUR
Umsatzsteuer darauf in Höhe von 19 %

EUR
Auslagen zuzüglich

EUR
Umsatzsteuer darauf in Höhe von 19 %

EUR
Gesamtbetrag
Dem Insolvenzverwalter wird gestattet, den festgesetzten Betrag nach Rechtskraft des Beschlusses der Insolvenzmasse zu entnehmen.

G r ü n d e :
Mit Schriftsatz vom 22.04.2022 beantragte der Insolvenzverwalter die Festsetzung seine Vergütung und Auslagen für die vorläufige Insolvenzverwaltung.
I.
Bei der Berechnung der Vergütung wird eine Berechnungsmasse in Höhe von 5.569.000,00 EUR zugrunde gelegt. Gemäß §§ 1, 2 InsVV ergibt sich daraus eine Vergütung für einen Insolvenzverwalter in Höhe von EUR. Dem vorläufigen Insolvenzverwalter steht nach § 63 Abs. 3 InsO daraus ein Bruchteil zu, der auf 25 % festgesetzt wird. Die Bruchteilsvergütung beträgt danach EUR.
II.
Der Insolvenzverwalter macht einen Zuschlag zum Regelsatz geltend für folgende Umstände:
– Betriebsfortführung,
– Käuferfindung,
– Auslandsbezug.
Zur Begründung trägt der Insolvenzverwalter vor, dass Art, Dauer und Umfang der Tätigkeiten während der vorläufigen Insolvenzverwaltung erheblich über den Anforderungen eines vergütungsrechtlichen Normalverfahrens lagen. Er hält daher einen Zuschlag von insgesamt 25% für angemessen.
Betriebsfortführung
Der Geschäftsbetrieb der Schuldnerin ist mit der Zielsetzung des Erhalts der Verwertungsmöglichkeit des Schiffes im Rahmen eines freihändigen Verkaufs aufrechterhalten worden. Mit der finanzierenden Gläubigerin wurden Verhandlungen über eine Finanzierung der laufenden Betriebskosten mit dem Ziel des Substanzerhalts aufgenommen. In der Folgezeit hatte der vorläufige Insolvenzverwalter rund 130 Bestellungen über ein stetig aktualisiertes Bestellobligo zu erfassen, zu prüfen und freizugeben. Durch die Tätigkeiten des vorläufigen Insolvenzverwalters konnte der Schiffsbetrieb bis zur Übergabe des Schiffes aufrechterhalten und damit ein erheblicher Wertverlust verhindert werden.
Die Betriebsfortführung hat allerdings nicht zu einem Überschuss geführt, d. h. die Masse ist nicht entsprechend größer geworden. Ein Zuschlag ist daher gerechtfertigt.
Käuferfindung
Parallel zur Aufrechterhaltung des laufenden Schiffsbetriebs hatte der vorläufige Insolvenzverwalter versucht, einen Käufer für das Schiff zu finden. Die Suche dauerte mehrere Monate. Der Abschluss und anschließend die Umsetzung eines Kaufvertrages wurden erschwert durch die Corona-Pandemie. Aufgrund der weltweiten Einschränkungen und Probleme war es nahezu unmöglich, für Kaufinteressenten verbindliche Regelungen dafür zu treffen, wann und wo ihnen eine Übernahme des Schiffes überhaupt möglich ist. Hierdurch ist auf seiten des vorläufigen Insolvenzverwalters ein Mehraufwand angefallen.
Auslandsbezug
Eine Besonderheit maritimer Insolvenzverfahren ist der Umstand, dass die Betriebsfortführung in einem dichten internationalen Kontext eingebunden ist. Die Schiffahrtssprache ist Englisch. Ein erheblicher Teil eines sehr umfangreichen Schriftverkehrs, der unter anderem aus rund 580 verfassten oder erhaltenden E-Mails bestand, wurde teilweise in englischer Sprache geführt. Darüber hinaus sind für die Beurteilung der Rechtsbeziehungen des Schiffes mitunter eine Vielzahl von Rechtsverordnungen maßgeblich. Der vorläufige Insolvenzverwalter hatte daher die vorgefundenen Verbindlichkeiten der Schuldnerin im Einzelnen und im Lichte des Einsatzgebietes wie auch der auf die zugrunde liegenden Vertragsbeziehungen anzuwendenden Rechtsordnungen zu beleuchten.
Bei der Abarbeitung der so entstehenden Themenkomplexe handelt es sich angesichts der rechtlich erforderlichen Kompetenzen in Kombination mit dem Erfordernis der bei dem vorläufigen Insolvenzverwalter und seinen Mitarbeitern vorliegenden verhandlungssicheren Englischkenntnissen um Sonderaufgaben, die sich nicht auf die bloße sprachliche Übersetzung beziehen, sondern die rechtliche Auseinandersetzung mit fremden Rechtsordnungen betreffen. Hierfür ist ein Zuschlag zu gewähren.
Gesamtschau
Die Tätigkeiten des vorläufigen Insolvenzverwalters in Bezug auf die Fortführung des laufenden Geschäftsbetriebes, die Maßnahmen im Zusammenhang mit der Findung eines Käufers und Abwicklung des Schiffsverkaufs sowie den starken Auslandsbezug gehen deutlich über den Rahmen eines Normalverfahrens hinaus. Ein Zuschlag von 25% ist daher angemessen.
Abschläge von der Regelvergütung waren nicht vorzunehmen.

III.
Die Festsetzung der Auslagen ergibt sich aus § 8 Abs. 3 InsVV.
Die Erstattung der Umsatzsteuer auf die Vergütung und Auslagen ergibt sich aus § 7 InsVV.

Rechtsmittelbelehrung
Diese Entscheidung kann mit der sofortigen Beschwerde angefochten werden, soweit der Beschwerdegegenstand 200,00 EUR übersteigt. Soweit dies nicht der Fall ist, kann sie mit der befristeten Erinnerung angefochten werden, wenn die Entscheidung von einem Rechtspfleger getroffen wurde. Beschwerde- bzw. erinnerungsberechtigt ist, wer durch diese Entscheidung in seinen Rechten beeinträchtigt ist.
Die sofortige Beschwerde und die befristete Erinnerung sind innerhalb einer Notfrist von 2 Wochen einzulegen. Die Frist beginnt mit der Zustellung bzw. mit der Verkündung der Entscheidung. Soweit die Zustellung durch öffentliche Bekanntmachung erfolgt ist, beginnt sie, sobald nach dem Tage der Veröffentlichung zwei weitere Tage verstrichen sind. Erfolgt die öffentliche Bekanntmachung neben der Zustellung, ist für den Beginn der Frist das frühere Ereignis maßgebend.
Die sofortige Beschwerde ist bei dem Amtsgericht Delmenhorst – Insolvenzabteilung -, Dienstgebäude: Cramerstr. 183, 27749 Delmenhorst, Postanschrift: Cramerstr. 183, 27749 Delmenhorst; Postfach 11 44, 27747 Delmenhorst einzulegen. Die befristete Erinnerung ist bei dem Amtsgericht Delmenhorst – Insolvenzabteilung -, Dienstgebäude: Cramerstr. 183, 27749 Delmenhorst, Postanschrift: Cramerstr. 183, 27749 Delmenhorst; Postfach 11 44, 27747 Delmenhorst einzulegen.
Die Beschwerde bzw. Erinnerung kann durch Einreichung einer Beschwerdeschrift bzw. Erinnerungsschrift eingelegt oder auch zu Protokoll der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichts erklärt werden, wobei es für die Einhaltung der Frist auf den Eingang bei dem zuständigen Gericht ankommt. Sie ist von dem Beschwerdeführer bzw. Erinnerungsführer oder seinem Bevollmächtigten zu unterzeichnen. Die Beschwerde bzw. Erinnerung muss die Bezeichnung des angefochtenen Beschlusses sowie die Erklärung enthalten, dass Beschwerde bzw. Erinnerung gegen diesen Beschluss eingelegt wird. Soll die Entscheidung nur zum Teil angefochten werden, so ist der Umfang der Anfechtung zu bezeichnen.
Die Beschwerde bzw. Erinnerung soll begründet werden.
Amtsgericht Delmenhorst, 12.12.2022