Schwarzerden/Rhön e.V., Verein zur Förderung sozialpädagogischer und sozialtherapeutischer Arbeit

Geschäfts-Nr.: 92 IN 104/18. In dem Insolvenzverfahren Schwarzerden/Rhön e.V., Verein zur Förderung sozialpädagogischer und sozialtherapeutischer Arbeit, Bodenhof 115, 36129 Gersfeld (AG Fulda, VR 1480), vertr. d.: 1. Dr. Kerstin Wolff, als 1. Vorsitzende, Heckerstraße 34, 34121 Kassel, (Vorstand), 2. Christiane Bolz, Färberzwinger 23, 97653 Bischofsheim an der Rhön, (Vorstand), 3. Margarete Trinath, Kastenhof 10, 36129 Gersfeld, (Vorstand),
sind Vergütung und Auslagen des Insolvenzverwalters zzgl. der Umsatzsteuer durch Beschluss des Insolvenzgerichts vom 21.12.2022 festgesetzt worden.
Dem Insolvenzverwalter wurde gestattet, den festgesetzten Betrag der Insolvenzmasse zu entnehmen.
Die bereits festgesetzten und der Masse entnommenen Vorschüsse i. H. v. xx € sind auf die Gesamtvergütung anzurechnen. Dem Insolvenzverwalter wird daher gestattet, sich einen restlichen Betrag von xx € aus der Insolvenzmasse zu entnehmen.
G r ü n d e:
Das Insolvenzverfahren ist mit Beschluss vom 01.11.2018 eröffnet worden. Mit Schlussbericht vom 30.09.2022 hat der Insolvenzverwalter angezeigt, dass die Verwertung beendet worden ist.
Mit Antrag vom 30.09.2022 begehrt der Insolvenzverwalter die Festsetzung der Vergütung für die Tätigkeit in der Insolvenzverwaltung in der mit diesem Beschluss festgesetzten Höhe, sowie der mit diesem Beschluss festgesetzten Auslagen zuzüglich der gesetzlichen Mehrwertsteuer. Der Insolvenzverwalter legt seinem Antrag eine Berechnungsgrundlage von 419.891,86 €, sowie Zuschläge gemäß § 3 InsVV mit zusammen 65 % zugrunde.
Die durch den Insolvenzverwalter ermittelte Berechnungsgrundlage ist nicht ganz zutreffend festgestellt worden. Ausweislich den zutreffenden Feststellungen des Sachverständigen Dr. Frank Thomas Zimmer in dessen Gutachten vom 14.11.2022 beträgt die Berechnungsgrundlage 416.286,52 €.
Auf die nähere Begründung des Vergütungsantrags des Insolvenzverwalters vom 30.09.2022 wird Bezug genommen.
Der Schuldnerin ist zu dem Vergütungsantrag rechtliches Gehör gewährt worden. Seitens der Schuldnerin wird dem Vergütungsantrag des Insolvenzverwalters nicht entgegen getreten. Auf die Stellungnahme Bl. 127 SB v) wird Bezug genommen.
Dem Antrag ist in vollem Umfang stattzugeben, da er sich an nachfolgenden Grundsätzen orientiert.
Der Insolvenzverwalter hat gemäß § 63 InsO Anspruch auf eine Vergütung für die entfaltete Tätigkeit und Ersatz angemessener Auslagen. Die Vergütung bemisst sich nach der Berechnungsgrundlage nach § 1 Abs. 1 S. 1 InsVV aus dem Wert der Insolvenzmasse nach der Schlussrechnung. Die so ermittelte Berechnungsgrundlage ist nach § 1 Abs. 2 InsVV zu bereinigen. Die sich daraus ergebende Berechnungsmasse ist der Ermittlung der Regelvergütung nach § 2 InsVV zu Grunde zu legen. Die Regelvergütung des § 2 InsVV geht dabei von dem sog. Normalfall aus (Haarmeyer/Wutzke/Förster, Kommentar zur InsVV, 2. Aufl., Rn 5 zu § 2).
Die Vergütung des Insolvenzverwalters hat sich an einem qualitativ und quantitativ typisierten Normalfall zu orientieren. Weicht der konkrete Fall von dem typisierten Normalfall ab, so ist dies gegenüber dem Normalfall mit Zu- bzw. Abschlägen nach § 3 InsVV anzupassen (vgl. hierzu: Haarmeyer/Wutzke/Förster, Kommentar zur InsVV, 2. Aufl., Rn 21 ff. zu § 2).
Der vergütungsrechtliche Normalfall wird durch die InsVV zwar nicht positiv definiert, allerdings wird allgemein aus den in § 3 Abs. 1 InsVV genannten Erhöhungsfaktoren gefolgert, dass ein Normalfall vorliegt, wenn die Tatbestände des § 3 Abs. 1 InsVV nicht gegeben sind.
LG Berlin v. 21.11.2017 – 20 T 119/17, ZInsO 2017, 2770
Als Maßstab für die Unterscheidung besonderer Aufgaben von Regelaufgaben gilt ein geschäftskundiger und erfahrener, die Voraussetzungen des § 56 InsO erfüllender Insolvenzverwalter. Eine Regelaufgabe liegt daher vor, wenn sie bei Vorliegen eines “Normalverfahrens” in das Tätigkeitsprofil eines solchen Verwalters fällt.
LG Freiburg v. 23.08.2017 – 3 T 246/16, ZInsO 2017, 2083
Nach § 2 InsVV erhält der Insolvenzverwalter in der Regel
von den ersten 25 000 Euro der Insolvenzmasse 40 vom Hundert,
von dem Mehrbetrag bis zu 50 000 Euro 25 vom Hundert,
von dem Mehrbetrag bis zu 250 000 Euro 7 vom Hundert,
von dem Mehrbetrag bis zu 500 000 Euro 3 vom Hundert,
von dem Mehrbetrag bis zu 25 000 000 Euro 2 vom Hundert,
von dem Mehrbetrag bis zu 50 000 000 Euro 1 vom Hundert,
von dem darüber hinausgehenden Betrag 0,5 vom Hundert.
Die Tätigkeit des Insolvenzverwalters in dem vorliegenden Insolvenzverfahren entsprach den regelmäßig anfallenden Aufgaben einer/s Insolvenzverwalterin/s, so dass die Festsetzung der Regelvergütung geboten und angemessen ist.
Der Insolvenzverwalter hat für die Tätigkeit im Zusammenhang mit der vorgenommenen Bemühungen um eine übertragende Sanierung mit dem Vergütungsantrag einen Zuschlag i. H. v. 25 %-Punkten geltend gemacht.
Eine übertragende Sanierung ist in der Regel mit erheblichen, zusätzlichen Belastungen des Insolvenzverwalters verbunden, welche einen Zuschlag gem. § 3 Abs. 1 rechtfertigen. Je nach Umfang der entsprechenden Bemühungen des Insolvenzverwalters ist dieser angemessen festzusetzen. Bei der in diesem Verfahren insgesamt anzusetzenden Zu- und Abschlägen ist zu prüfen und zu berücksichtigen, ob die Belastung des Insolvenzverwalters durch die übertragende Sanierung nicht auch eine Entlastung des Insolvenzverwalters von Regelaufgaben, beispielsweise von Verwertungsaufgaben verbunden ist.
Auf die Kommentierung Graeber/Graeber, InsVV-Online, Rn. 317 zu § 3 InsVV wird hingewiesen.
In dem vorliegenden Verfahren wurden durch den Insolvenzverwalter intensive Bemühungen um eine Auffanglösung für die Schuldnerin vorgenommen. Unter anderem wurde mit drei Interessenten intensiv verhandelt. Die wirtschaftlichen Zahlen, als auch die Sanierungsvarianten wurden erörtert. Insbesondere das Insolvenzprivileg im Fall der Durchführung einer übertragenden Sanierung durch einen sogenannten Asset Deal wurde in mehreren Gesprächen erörtert. Hinsichtlich zwei Interessenten wurden durch den Insolvenzverwalter vermittelnde Gespräche geführt, so dass letztendlich eine Zusammenarbeit der zwei Interessenten stattfand.
Im vorliegenden Verfahren hält das Gericht die Gewährung des seitens des Insolvenzverwalters geltend gemachten Zuschlags zur Regelvergütung i. H. v. 25 %-Punkten grundsätzlich für begründet, um zu einer angemessenen Vergütung des Insolvenzverwalters i. S. des § 63 Abs. 1 InsO zu gelangen.

Der Insolvenzverwalter hat mit der entfalteten Tätigkeit im Zusammenhang mit der durchgeführten kalten Zwangsverwaltung einen Zuschlag i. H. v. 25 %-Punkten geltend gemacht.
Für die Durchführung der so genannten kalten Zwangsverwaltung kommt grundsätzlich die Gewährung eines Zuschlags in Betracht (vgl. BGH NZI 2008, 239). Zuschlagserhöhend sind auch Verhandlungen mit den Grundpfandrechtsgläubigerin zur Durchführung einer freihändigen Verwertung einer Immobilie anzusehen. Gleichermaßen führen intensive Prüfungen der Grundstücksbelastungen bzw. der Valutierung von Grundpfandrechten zu Zuschlägen (vgl. Frankfurter Kommentar zur InsO, 6. Auflage 2001, § 3 InsVV Rn. 23).
Aufgrund der durchgeführten kalten Zwangsverwaltung und der weiteren Bemühungen des Insolvenzverwalters im Zusammenhang mit der Immobilie hält das Gericht dem Grunde nach die Gewährung eines Zuschlags zur Regelvergütung für gerechtfertigt.
Gemäß § 3 Abs. 1 b 2. Alternative InsVV ist ein Zuschlag nur festzusetzen, wenn der Verwalter Häuser verwaltet hat und die Masse nicht entsprechend größer geworden ist.
Masseerhöhung durch Anfechtungen
Infolge der erfolgreichen kalten Zwangsverwaltung sind 15.147,23 € zur Masse gezogen worden.
Somit ergibt sich folgende Vergleichsberechnung für die kalte Zwangsverwaltung:
xx
Nach der durchgeführten Vergleichsberechnung ergibt sich ein Zuschlag für die kalte Zwangsverwaltung in Höhe von 23,39%-Punkten.
Der Insolvenzverwalter hat für die Tätigkeit im Zusammenhang mit der vorgenommenen Fortführung des Betriebs des Schuldners mit dem Vergütungsantrag einen Zuschlag i. H. v. 15 %-Punkten geltend gemacht. Nach § 3 Abs. 1 lit. b) InsVV ist im Fall der Betriebsfortführung ein Zuschlag auf die Regelvergütung zu gewähren, wenn die Masse nicht entsprechend größer geworden ist.
Das Gericht hält die Gewährung eines Zuschlags zur Regelvergütung i. H. v. 15 %-Punkten dem Grunde nach für begründet, um zu einer angemessenen Vergütung des Insolvenzverwalters i. S. des § 63 Abs. 1 InsO zu gelangen.
Durch die Betriebsfortführung ist es nach Abzug der fortführungsbedingten Ausgaben – einschließlich Abzug der fortführungsbedingten “Sowieso-Kosten” – zu einer Erhöhung der Insolvenzmasse um 5.770,38 € gekommen.
Nach der Entscheidung des BGH, Beschluss vom 24.01.2008 – IX ZB 120/07 -, ist für den Fall eines positiven Netto-Ergebnisses der Fortführung eine Vergleichsberechnung vorzunehmen. Darin ist der Wert, um den sich die Insolvenzmasse durch die Betriebsfortführung vergrößert hat und die dadurch bedingte Zunahme der Regelvergütung mit der Höhe der Vergütung zu vergleichen, die ohne die Mehrung der Insolvenzmasse durch einen dann allein zu gewährenden Zuschlag erreicht würde. Ist die sich unter Einschluss der Insolvenzmassemehrung infolge der Fortführung ergebende Erhöhung der Vergütung niedriger als die Vergütung, die sich über den Zuschlag ohne Insolvenzmassemehrung ergibt, so ist ein Zuschlag bis zur Höhe der Differenz zu gewähren.
Somit ergibt sich folgende Vergleichsberechnung für die Betriebsfortführung:
xx
Nach der durchgeführten Vergleichsberechnung ergibt sich ein Zuschlag für die Betriebsfortführung in Höhe von 14.44%-Punkten.
Da der Insolvenzverwalter insgesamt eine niedrigere Vergütung, als die seitens des Gerichtes berechnete Vergütung beantragt hat, bestehen hinsichtlich einer entsprechenden Festsetzung keine Bedenken.
Die berechneten Auslagen sind gemäß § 8 Abs. 3 InsVV antragsgemäß festzusetzen.
Neben der Auslagenpauschale hat der Insolvenzverwalter auch die Festsetzung besonderer Auslagen für die Durchführung der gerichtlich beauftragten Zustellung gemäß § 8 Abs. 3 InsO beantragt. Dem Antrag ist in der festgesetzten Höhe stattzugeben, da es sich dabei dem Grunde nach um besondere Auslagen nach § 4 Abs. 2 InsVV handelt und sie der Höhe nach zur Überzeugung des Gerichts unter Berücksichtigung der Grundsätze der Entscheidung des BGH, Beschluss vom 21.03.2013 – IX ZB 209/10 – entstanden sind.
Die festgesetzte Umsatzsteuer entspricht dem gesetzlich festgelegten Steuersatz.
Der vollständige Beschluss kann von den Beteiligten in der Geschäftsstelle des Insolvenzgerichts eingesehen werden.
Rechtsmittelbelehrung
Diese Entscheidung kann mit der sofortigen Beschwerde angefochten werden, soweit der Beschwerdegegenstand 200 EUR übersteigt. Soweit dies nicht der Fall ist, kann sie mit der befristeten Erinnerung angefochten werden, wenn die Entscheidung von einem Rechtspfleger getroffen worden ist. Beschwerde- bzw. erinnerungsberichtigt ist, wer durch diese Entscheidung in seinen Rechten beeinträchtigt ist.
Die sofortige Beschwerde und die befristete Erinnerung sind innerhalb einer Notfrist von 2 Wochen einzulegen. Die Frist beginnt mit der Zustellung bzw. mit der Verkündung der Entscheidung. Soweit die Zustellung durch öffentliche Bekanntmachung erfolgt ist, beginnt sie, sobald nach dem Tage der Veröffentlichung zwei weitere Tage verstrichen sind. Erfolgt die öffentliche Bekanntmachung neben der Zustellung ist für den Beginn der Frist das frühere Ereignis maßgebend.
Die sofortige Beschwerde ist bei dem Amtsgericht Fulda, Königstraße 38, 36037 Fulda einzulegen. Die befristete Erinnerung ist bei dem Amtsgericht Fulda, Königstraße 38, 36037 Fulda einzulegen.
Die Beschwerde bzw. Erinnerung kann durch Einreichung einer Beschwerdeschrift bzw. Erinnerungsschrift eingelegt oder auch zu Protokoll der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichts erklärt werden, wobei es für die Einhaltung der Frist auf den Eingang bei dem o.g. zuständigen Gericht ankommt. Sie ist von dem Beschwerdeführer bzw. Erinnerungsführer oder seinem Bevollmächtigten zu unterzeichnen. Die Beschwerde bzw. Erinnerung muss die Bezeichnung des angefochtenen Beschlusses sowie die Erklärung enthalten, dass Beschwerde bzw. Erinnerung gegen diesen Beschluss eingelegt wird. Soll die Entscheidung nur zum Teil angefochten werden, so ist der Umfang der Anfechtung zu bezeichnen.
Die Beschwerde bzw. Erinnerung soll begründet werden.
Amtsgericht Fulda, 21.12.2022