Schieder Möbel Holding GmbH

Amtsgericht Detmold, Aktenzeichen: 10 IN 214/07
In dem Insolvenzverfahren über das Vermögen
der im Handelsregister des Amtsgerichts Lemgo unter HRB 6326 eingetragenen Schieder Möbel Holding GmbH, Bahnhofstraße 9, 32816 Schieder-Schwalenberg, gesetzlich vertreten durch den Liquidator Gert-Peter Maekelburger
Geschäftszweig: Die einheitliche und zentrale Leitung, Planung, Organisation und Kontrolle des Unternehmens und der Betriebe der Schieder-Möbel Wortmann KG in Schieder-Schwalenberg und anderer selbstständiger Unternehmen, die Möbel, Möbelteile und Möbelzubehör herstellen und vertreiben, sowie die Verwaltung von Beteiligungen an solchen Unternehmen.
Insolvenzverwalter: Rechtsanwalt Dr. Sven-Holger Undritz, Valentinskamp 70, 20355 Hamburg
wird die Vergütung für das Mitglied des Gläubigerausschusses VR Equitypartner GmbH, Platz der Republik, 60325 Frankfurt, wie folgt festgesetzt.
Vergütung … €
Auslagen … €
Zwischensumme … €
zuzüglich 19 % Umsatzsteuer … €
Endbetrag … €
Auf die Vergütung sind die mit Beschlüssen des Amtsgerichts Detmold vom 27.03.2008 und vom 02.07.2010 bereits festgesetzten Vorschüsse in Höhe von insgesamt … € anzurechnen.

Der darüber hinaus gehende Antrag wird zurückgewiesen.
Gründe:
A.
Allgemeines
Die Insolvenzschuldnerin stand als Holdinggesellschaft der gesamten Schieder-Gruppe mit mehr als 100 Tochtergesellschaften und rund 11.000 Mitarbeitern vor. Geschäftsgegenstand der Unternehmensgruppe war die Produktion und der Vertrieb von Möbeln im mittleren und unteren Preissegment. Zu aktiven Geschäftszeiten handelte es sich um das größte Möbelunternehmen Europas. Im Verlauf der Geschäftstätigkeit des Schieder-Konzerns war eine Vielzahl von Einzelgesellschaften errichtet worden, die untereinander durch umfangreiche Liefer- und Leistungsbeziehungen verbunden waren. Diese Einzelgesellschaften befinden bzw. befanden sich mehrheitlich ebenfalls in einem Insolvenzverfahren über ihr jeweiliges Vermögen.
Als Marktführer im mitteleuropäischen Raum produzierten die Unternehmen der Gruppe an 39 Standorten, hiervon 6 in Deutschland und 28 in Polen.
Die Insolvenzschuldnerin ist die Holdinggesellschaft der Schieder-Gruppe und wurde errichtet, um die Beteiligungen an diversen operativ tätigen Unternehmen zu halten.
Der Jahresabschluss zum 31.03.2006 wies eine Bilanzsumme i.H.v. 350.359.778,08 € und Umsatzerlöse i.H.v. 705.602,01 € aus. Da die Insolvenzschuldnerin operativ nicht tätig war, waren außer dem Geschäftsführer keine Arbeitnehmer angestellt. Allerdings nahm sie – entsprechend der Üblichkeit in der gesamten Schieder-Gruppe – die Tätigkeit formal bei anderen Schieder-Gesellschaften angestellten Mitarbeitern in Anspruch. Die anfallenden Kosten wurden jeweils durch ein System von Konzernumlagen abgerechnet.
Die Schuldnerin ist nach den Merkmalen des § 267 Abs. 1 HGB als kleine Kapitalgesellschaft einzuordnen.
Am 26.06.2007 eröffnete das AG Detmold das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin.
Mit Beschluss vom gleichen Tage setzte das Insolvenzgericht einen vorläufigen Gläubigerausschuss vor der ersten Gläubigerversammlung ein und bestellte die DZ Equity Partner GmbH in Frankfurt am Main (jetzt VR Equitypartner GmbH) zum Mitglied des vorläufigen Gläubigerausschusses. Im Berichtstermin am 19.09.2017 wählte die Gläubigerversammlung die Antragstellerin in den endgültigen Gläubigerausschuss.
Das Amt der Mitglieder des einstweiligen Gläubigerausschusses (§ 67 Abs. 1 InsO) endete folglich nicht mit dem Berichtstermin, sodass eine Kontinuität “im Amt” gegeben ist.
Die Antragstellerin ist im vorstehenden Verfahren als Insolvenzgläubigerin mit der unter Rang 0 lfd. Nr. festgestellten Forderung i.H.v. … € beteiligt.
Als ihren Vertreter hat die Gläubigerin Herrn … in den Gläubigerausschuss entsendet. Angabegemäß verfügt der Vertreter in seiner mehr als 20-jährigen Berufserfahrung im internationalen Bankgeschäft in verschiedenen Führungspositionen über eine ausgesprochene Expertise im Bereich Restrukturierung einschließlich Insolvenz. Der promovierte Jurist vertrat Gläubiger in zahlreichen und prominenten Insolvenzverfahren und Restrukturierungen, unter anderem …
Die Antragstellerin als juristische Person ist selbst anspruchsberechtigt und nicht die von ihr entsandte natürliche Person.
B.
Vergütung nach Zeitaufwand und Umfang der Tätigkeit
Der einem Mitglied des Gläubigerausschusses gemäß § 73 Abs. 1 S. 1 InsO für seine Tätigkeit zustehende Anspruch auf Vergütung und Erstattung angemessener Auslagen richtet sich nach dem Zeitaufwand und dem Umfang der Tätigkeit; § 73 Abs. 1 S. 2 InsO.
Der Zeitaufwand der Mitglieder des Gläubigerausschusses ist in diesem Zusammenhang die vorrangige Bemessungsgrundlage für die Vergütung.
Neben dem Zeitaufwand ist auch dem Umfang der Tätigkeit bei der Bemessung der Vergütung Rechnung zu tragen.
Für die – wie hier – vor dem 31.12.2020 beantragten Verfahren sieht § 17 Abs. 1 S. 1 InsVV eine Vergütung vor, die regelmäßig zwischen 35 und 95 € je Stunde beträgt.
Mit der Deckelung des Stundensatzes wollte der Gesetzgeber eine Auszehrung der Masse verhindern (Begr. RegE ESUG, BT-Drucks. 17/5712, 43). Dennoch ist das Gericht, wie sich aus der Formulierung “regelmäßig” ergibt, berechtigt, bei besonderen Umständen Stundensätze festzulegen, die den in § 17 Abs. 1 S. 1 InsVV genannten oberen Betrag übersteigen (BGH NZI 2021, 461).
Ferner ist bei der Bemessung der Stundensatzhöhe zu berücksichtigen, dass die Vergütung nicht eine Tätigkeitsvergütung, sondern eine Aufwandsentschädigung für die entstandene Zeitversäumnis darstellt.
Die Dauer des Insolvenzverfahrens und der zeitliche Gesamtumfang der Tätigkeit sind grundsätzlich kein Kriterium für die Bemessung des Stundensatzes, weil dem bereits durch den Zeitaufwand Rechnung getragen wird. Auch die allgemeinen Haftungsrisiken beeinflussen den Stundensatz nicht (BGH NZI 2021, 457; BGH NZI 2021, 461).
Grundsätzlich ist aber die individuelle Tätigkeit der Mitglieder des Gläubigerausschusses unter Berücksichtigung des Zeitaufwands und des Umfangs sowie der Schwierigkeit des Verfahrens in sachlicher (Komplexität) als auch in rechtlicher Hinsicht und des Intensitätsgrades der Mitwirkung angemessen zu vergüten (BeckOK Insolvenzrecht, Fridgen/Geiwitz/Göpfert, 27. Edition, § 17 InsVV Rn. 20). Dabei sind auch die übernommene Verantwortung und nicht versicherbare Haftungsrisiken sowie die fachliche Qualifikation und Sachkunde der Mitglieder des Gläubigerausschusses zu beachten.
Bei einer – wie hier – juristischen Person als Ausschussmitglied beeinflussen personenbezogene Umstände, wie die Qualifikation und Sachkunde den Stundensatz nur, soweit sie sich durch eine besonders qualifizierte und sachkundige Person vertreten lässt und dies nach den Umständen objektiv erforderlich war (BGH NZI 2021, 457). Nicht heranzuziehen sind für die Vergütung der Gläubigerausschussmitglieder die für den Insolvenzverwalter geltenden Grundsätze des § 3 Abs. 1 InsVV. Die normierten Zu- und Abschläge beziehen sich auf die Tätigkeit des Insolvenzverwalters und die hierfür vorgesehene Regelvergütung nach § 2 InsVV (BGH, Beschluss vom 14.01.2021 – IX ZB 94/18 Rn. 25).
Der sich aus § 17 Abs. 1 S. 1 InsVV ergebende Rahmen für die Höhe des Stundensatzes darf nur überschritten werden, wenn der Umfang der Tätigkeit von den bei einem Insolvenzverfahren, in dem üblicherweise ein Gläubigerausschuss eingesetzt wird, regelmäßig zu erwartenden Umständen derart abweicht, dass offensichtlich keine angemessene Vergütung mehr gewährleistet ist.
[…]
Diese bedeutsamen Rechtshandlungen wurden bei der Festsetzung der Vergütung des Insolvenzverwalters gewürdigt.
Das Verfahren hatte somit einen außerordentlichen Umfang und war durch einen hohen Schwierigkeitsgrad gekennzeichnet. Es war somit objektiv erforderlich, sich durch eine besonders qualifizierte und sachkundige Person vertreten zu lassen.
Folglich steht die Vergütungsobergrenze von 95 € keine angemessene Vergütung für die Antragstellerin dar.
Allerdings ist auch bei der Bestimmung der Stundensatzhöhe die Gläubigerstellung des Ausschussmitglieds zu berücksichtigen.
Mit Blick auf die Sachkunde und Qualifikation des Antragstellervertreters und der Anforderungen des Insolvenzverfahrens ist ein Stundensatz von 180 € angemessen und ausreichend.
C.
Vergütungshöhe
Für insgesamt 137,25 Stunden näher dargelegten Zeitaufwands ist folglich die Vergütung auf … € festzusetzen.
D.
Umsatzsteuer
Zusätzlich festzusetzen ist die vom Gläubigerausschussmitglied zu zahlende Umsatzsteuer.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen die Vergütungsfestsetzung ist die sofortige Beschwerde gem. § 64 Abs. 3 InsO; § 567 Abs. 2 ZPO § 11 RPflG gegeben, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt oder das Amtsgericht die Beschwerde zugelassen hat. Wird der Beschwerdewert von 200,00 EUR nicht erreicht, ist der Rechtsbehelf der Erinnerung gem. § 11 Abs. 2 RPflG gegeben. Beide Rechtsmittel stehen, soweit beschwert, dem Verwalter/Treuhänder/Sachwalter, dem Schuldner und jedem Insolvenzgläubiger zu.
Die sofortige Beschwerde ist bei dem Amtsgericht Detmold, Heinrich-Drake-Str. 3, 32756 Detmold oder dem Landgericht Detmold, Paulinenstr. 46, 32756 Detmold, die Erinnerung ausschließlich bei dem Amtsgericht Detmold, Heinrich-Drake-Str. 3, 32756 Detmold, schriftlich in deutscher Sprache oder zur Niederschrift der Geschäftsstelle einzulegen. Beide Rechtsmittel können auch zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichtes erklärt werden.
Die sofortige Beschwerde muss innerhalb von zwei Wochen bei dem Amtsgericht Detmold oder dem Landgericht Detmold eingegangen sein. Die Erinnerung muss innerhalb von zwei Wochen bei dem Amtsgericht Detmold eingegangen sein.
Dies gilt auch dann, wenn das Rechtsmittel zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines anderen Amtsgerichts abgegeben wurde.
Die Frist beginnt jeweils mit der Verkündung der Entscheidung oder, wenn diese nicht verkündet wird, mit deren Zustellung. Zum Nachweis der Zustellung genügt auch die öffentliche Bekanntmachung. Diese gilt als bewirkt, sobald nach dem Tag der unter www.insolvenzbekanntmachungen.de erfolgten Veröffentlichung zwei weitere Tage verstrichen sind. Maßgeblich für den Beginn der Beschwerdefrist ist der frühere Zeitpunkt.
Das Rechtsmittel muss die Bezeichnung des angefochtenen Beschlusses sowie die Erklärung enthalten, dass Rechtsmittel gegen diesen Beschluss eingelegt wird. Sie soll begründet werden.
Hinweis zum elektronischen Rechtsverkehr:
Die Einlegung ist auch durch Übertragung eines elektronischen Dokuments an die elektronische Poststelle des Gerichts möglich. Das elektronische Dokument muss für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet und mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gemäß § 130a ZPO nach näherer Maßgabe der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (BGBl. 2017 I, S. 3803) eingereicht werden. Auf die Pflicht zur elektronischen Einreichung durch professionelle Einreicher/innen ab dem 01.01.2022 durch das Gesetz zum Ausbau des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten vom 10. Oktober 2013, das Gesetz zur Einführung der elektronischen Akte in der Justiz und zur weiteren Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs vom 5. Juli 2017 und das Gesetz zum Ausbau des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten und zur Änderung weiterer Vorschriften vom 05.10.2021 wird hingewiesen.
Weitere Informationen erhalten Sie auf der Internetseite www.justiz.de.
Zusatz zum Veröffentlichungstext (nicht Inhalt der Entscheidung):
Die Veröffentlichung der zugrundeliegenden Entscheidung erfolgt auszugsweise.
Der vollständige Beschluss kann in der Geschäftsstelle des Amtsgerichts Detmold, Heinrich-Drake-Str. 3, 32756 Detmold, Zimmer Nr. 210, eingesehen werden.
10 IN 214/07
Amtsgericht Detmold, 26.06.2023