Schieder Möbel Holding GmbH

Amtsgericht Detmold, Aktenzeichen: 10 IN 214/07
In dem Insolvenzverfahren über das Vermögen
der im Handelsregister des Amtsgerichts Lemgo unter HRB 6326 eingetragenen Schieder Möbel Holding GmbH, Bahnhofstraße 9, 32816 Schieder-Schwalenberg, gesetzlich vertreten durch den Liquidator Gert-Peter Maekelburger
Geschäftszweig:
Die einheitliche und zentrale Leitung, Planung, Organisation und Kontrolle des Unternehmens und der Betriebe der Schieder-Möbel Wortmann KG in Schieder-Schwalenberg und anderer selbstständiger Unternehmen, die Möbel, Möbelteile und Möbelzubehör herstellen und vertreiben, sowie die Verwaltung von Beteiligungen an solchen Unternehmen.

Insolvenzverwalter: Rechtsanwalt Dr. Sven-Holger Undritz, Valentinskamp 70, 20355 Hamburg
werden die Vergütung und Auslagen des Insolvenzverwalters wie folgt festgesetzt:
Vergütung –,– €
Auslagen, die der regulären Mehrwertsteuer von 19 % unterliegen –,– €
Zwischensumme –,– €
zuzüglich 19 % Mehrwertsteuer von –,– € –,– €
Endbetrag –,– €
Auf die Vergütung sind bewilligte Vorschüsse in Höhe von insgesamt –,– € anzurechnen.
Der Differenzbetrag von –,– € ist der Insolvenzmasse zurückzuerstatten.
Gründe:
Der Insolvenzverwalter übt sein Amt seit dem 26.06.2007 aus. Nach § 63 InsO hat er Anspruch auf Vergütung für seine Geschäftsführung und auf Erstattung angemessener Auslagen.
A.
Allgemeines
Die Insolvenzschuldnerin stand als Holdinggesellschaft der gesamten Schieder-Gruppe mit mehr als 100 Tochtergesellschaften und rund 11.000 Mitarbeitern vor. Geschäftsgegenstand der Unternehmensgruppe war die Produktion und der Vertrieb von Möbeln im mittleren und unteren Preissegment. Zu aktiven Geschäftszeiten handelte es sich um das größte Möbelunternehmen Europas. Im Verlauf der Geschäftstätigkeit des Schieder-Konzerns war eine Vielzahl von Einzelgesellschaften errichtet worden, die untereinander durch umfangreiche Liefer- und Leistungsbeziehungen verbunden waren. Diese Einzelgesellschaften befinden bzw. befanden sich mehrheitlich ebenfalls in einem Insolvenzverfahren über ihr jeweiliges Vermögen.
Als Marktführer im mitteleuropäischen Raum produzierten die Unternehmen der Gruppe an 39 Standorten, hiervon 6 in Deutschland und 28 in Polen.
Die Insolvenzschuldnerin ist die Holdinggesellschaft der Schieder-Gruppe und wurde errichtet, um die Beteiligungen an diversen operativ tätigen Unternehmen zu halten.
Der Jahresabschluss zum 31.03.2006 wies eine Bilanzsumme i.H.v. 350.359.778,08 € und Umsatzerlöse i.H.v. 705.602,01 € aus. Da die Insolvenzschuldnerin operativ nicht tätig war, waren außer dem Geschäftsführer keine Arbeitnehmer angestellt. Allerdings nahm sie – entsprechend der Üblichkeit in der gesamten Schieder-Gruppe – die Tätigkeit formal bei anderen Schieder-Gesellschaften angestellten Mitarbeitern in Anspruch. Die anfallenden Kosten wurden jeweils durch ein System von Konzernumlagen abgerechnet.
Die Schuldnerin ist nach den Merkmalen des § 267 Abs. 1 HGB als kleine Kapitalgesellschaft einzuordnen.
Mit Beschluss vom 15.06.2007 bestellte das Amtsgericht Detmold den Antragsteller zum vorläufigen Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt und beauftragte ihn zugleich als Sachverständigen mit der Prüfung, ob ein Eröffnungsgrund vorliege, welche Aussichten für eine Unternehmensfortführung bestünden und ob das schuldnerische Vermögen die Kosten des Verfahrens decken werde.
Nach Abschluss seiner Ermittlungen kam der Antragsteller zu dem Ergebnis, dass die Schuldnerin zahlungsunfähig und überschuldet, eine die Kosten eines Insolvenzverfahrens deckende freie Masse im Vermögen der Schuldnerin vorhanden sei und Fortführungsmöglichkeiten für das schuldnerische Unternehmen nicht bestehen würden.
Das Amtsgericht eröffnete am 26.06.2007 wegen Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin.
Mit Schriftsatz vom 18.12.2007 beantragte der Insolvenzverwalter für seine Tätigkeit als vorläufiger Verwalter auf Basis einer Berechnungsmasse von 50.000.000,00 € (unter Einbeziehung von Vermögenswerten, die mit Absonderungsrechten behaftet waren) die Festsetzung einer Vergütung zuzüglich Auslagen und Mehrwertsteuer in Höhe von insgesamt –,– €.
Das Eröffnungsverfahren dauerte lediglich zehn Tage, nämlich vom 15.06.2007 bis zum 25.06.2007. Die Einnahmen-Ausgaben-Rechnung für die Zeit des Eröffnungsverfahrens zeigt lediglich Einnahmen aus Forderungseinzug i.H.v. 349,11 €, die aus der Übernahme des Kassenbestandes resultieren.
Im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung befand sich auf dem vom vorläufigen Verwalter eingerichteten Anderkonto kein Guthaben.
Auch der erläuternde Tätigkeitsbericht des Verwalters zu dieser Rechnungslegung ergibt keine Anhaltspunkte für eine Betriebsfortführung.
Die Vergütung wurde mit Beschluss des AG Detmold vom 15.01.2008 antragsgemäß festgesetzt. Mit Blick auf die im Ausland befindlichen Betriebsstätten der Tochtergesellschaften und angesichts der zahlreichen Beteiligungen an ausländischen Gesellschaften sowie für die geltend gemachte Betriebsfortführung wurde jeweils ein Zuschlag von 25 % angesetzt.
Ferner hat das Gericht angesichts der umfangreichen gesellschaftlichen Beteiligungen und Konzernverflechtungen antragsgemäß einen Zuschlag von 20 % und für die geltend gemachten Sanierungsbemühungen einen weiteren Zuschlag von 50 % anerkannt.
Nachdem die Verwertungshandlungen im eröffneten Insolvenzverfahren abgeschlossen waren, beantragte der Verwalter mit Schriftsatz vom 30.09.2019 unter Vorlage der Schlussrechnung ausgehend von einer Berechnungsgrundlage von 21.095.871,49 € die Festsetzung der ihm zustehenden Vergütung.
Bei einer Erhöhung der Regelvergütung um den Faktor 7,88 errechnet er einen ihm zustehenden Vergütungsbetrag von netto –,– € zuzüglich Auslagen und Umsatzsteuer. Im Interesse der Gläubigergesamtheit und vor dem Hintergrund des aktuellen Massebestandes reduzierte der Insolvenzverwalter seinen Vergütungsanspruch auf netto –,– € zuzüglich Auslagen i.H.v. netto –,– €.
In der Insolvenztabelle sind 146 Forderungen von 99 nicht nachrangigen Insolvenzgläubigern erfasst.
Die Vergütung kann dem Insolvenzverwalter nicht im vollen Umfang wie beantragt zugesprochen werden.
B.
Berechnungsgrundlage
Nach § 1 Abs. 1 InsVV wird die Vergütung des Insolvenzverwalters nach dem Wert der Insolvenzmasse berechnet, auf die sich die Schlussrechnung bezieht.
Dabei ist die für die Vergütungsberechnung maßgebliche Masse abweichend von der Insolvenzmasse im Sinne des § 35 InsO nach den einzelnen Regelungen in § 1 Abs. 2 InsVV zu berechnen.
Die Kosten des Insolvenzverfahrens gemäß § 54 InsO und die Masseverbindlichkeiten gemäß §§ 55, 123 Abs. 2 InsO werden bei der Ermittlung der Berechnungsmasse nicht in Abzug gebracht; § 1 Abs. 2 Nr. 4 Satz 1 InsVV. Allerdings ist nach § 1 Abs. 2 Nr. 4 S. 2 lit. b) InsVV bei Fortführung des schuldnerischen Unternehmens nur der Überschuss der Einnahmen über die Ausgaben für die vergütungsrechtliche Teilungsmasse zu berücksichtigen. Bei einer Unterdeckung sind die fortführungsbedingten Verbindlichkeiten allerdings nur in der Höhe zum Abzug zu bringen, als hierdurch keine Unterdeckung aus der Betriebsfortführung mehr entsteht (BGH, ZinsO 2005, 760, 761). Die die Einnahmen übersteigenden Ausgaben wirken damit nicht auf die Berechnungsgrundlage nach § 1 Abs. 1 InsVV ein.
Im Vergütungsantrag geht der Antragsteller von einer Betriebsfortführung des schuldnerischen Unternehmens aus. Zur Begründung trägt er vor, dass die Schieder Möbel Holding GmbH auch nach der Insolvenzeröffnung weiterhin die zentrale Gesellschaft zur Prüfung und Koordinierung nahezu sämtlicher verfahrensübergreifender Themen innerhalb der von der Insolvenz betroffenen Konzerngesellschaften blieb. Insofern würde es sich bei der Weiterführung des Geschäftsbetriebes einer Holdinggesellschaft um eine Betriebsfortführung eigener Art handeln, welche sich nicht ohne weiteres mit der operativen Fortführung eines Handels-, Dienstleistungs- oder Industrieunternehmens vergleichen ließe. In der vom Insolvenzgericht angeforderten Einnahmen-Ausgaben-Überschuss-Rechnung aus der Betriebsfortführung werden von dem Antragsteller als fortführungsbedingte Einnahmen lediglich die Erstattung aus Vorsteuer (Kto. 4210) i.H.v. 889.517,05 €, die Erstattung von Körperschaftsteuer (Kto. 4216) i.H.v. 493.076,90 €, sonstige Erlöse (Kto. 4400) i.H.v. 123,70 € sowie Mieterlöse (Kto. 4402) i.H.v. 4.499,36 € erfasst. Diesen Erlösen sollen fortführungsbedingte Ausgaben in der Summe von 1.544.132,39 € entgegenstehen, sodass eine Unterdeckung i.H.v. 156.915,38 € bestehe. Die Dauer der Betriebsfortführung hat der Insolvenzverwalter an das Bestehen von Arbeitsverhältnissen (31.05.2011) geknüpft. Der Antragsteller spricht somit von einer Unternehmensfortführung von 47 Monaten Dauer.
Hierzu ist auszuführen:
Bei der Insolvenzschuldnerin waren zum Zeitpunkt der Anordnung vorläufiger Sicherungsmaßnahmen – da diese nicht operativ tätig war – bis auf den Geschäftsführer keine Arbeitnehmer angestellt. Dem Protokoll über die Gläubigerausschusssitzung vom 04.09.2007 ist zu entnehmen, dass – um Konzern-Umlagen zu vermeiden – weiterhin der Geschäftsführer im Anstellungsverhältnis verblieb. Des Weiteren wurden weitere Personen für die Buchhaltung und für den IT-Bereich direkt bei der Holding angestellt.
Satzungsgemäßer Gegenstand des schuldnerischen Unternehmens war die einheitliche und zentrale Leitung, Planung, Organisation und Kontrolle des Unternehmens und der Betriebe der Schieder-Möbel-Gruppe und anderer selbstständiger Unternehmen, die Möbel, Möbelteile und Möbelzubehör herstellen und vertreiben, sowie die Verwaltung von Beteiligungen an solchen Unternehmen. Das Geschäftsfeld des schuldnerischen Unternehmens sah somit eine operative Geschäftstätigkeit nicht vor.
Das Insolvenzgericht hat das Berichtswesen des Insolvenzverwalters und die Schlussrechnung unter dem Aspekt des Vorhandenseins einer Betriebsfortführung im vergütungsrechtlichen Sinne geprüft. In der Berichterstattung des Verwalters wird zu keinem Zeitpunkt eine Betriebsfortführung erwähnt. Eine Fortführungsentscheidung des Insolvenzverwalters ist nicht erkennbar. Lediglich in seinen Anträgen auf Festsetzung einer Vergütung für seine Tätigkeit als vorläufiger Insolvenzverwalter, ferner in seinen Anträgen auf Bewilligung von Vorschussentnahmen gemäß § 9 InsVV und schließlich im Vergütungsantrag für das eröffnete Verfahren wird die Betriebsfortführung angesprochen.
Die Auswertung des Berichtswesens sowie die Prüfung der Schlussrechnung haben ergeben, dass von einer Betriebsfortführung im Sinne von § 1 Abs. 2 Nr. 4 lit. b) InsVV – wie bereits in der Zeit des Insolvenzeröffnungsverfahrens – nicht auszugehen ist. Die Tätigkeiten des Insolvenzverwalters standen direkt und unmittelbar im Zusammenhang mit der Veräußerung der gesellschaftsrechtlichen Beteiligungen der Schuldnerin und der Liquidation der übrigen Vermögenswerte. Diese Tätigkeiten sind nichtwirtschaftlicher Art. Auch wenn die finanzielle Beteiligung an einem anderen Unternehmen mit unmittelbaren oder mittelbaren Eingriffen in die Verwaltung der Gesellschaft einhergeht, an der die Beteiligung besteht, kann von einer Unternehmensfortführung nur gesprochen werden, soweit diese Eingriffe zu entgeltlichen Leistungen führen. In der Darstellung des Betriebsergebnisses des Antragstellers in seinem Schriftsatz vom 22.08.2022 sind entsprechende Ansprüche aus Lieferungen und Leistungen, die einer Betriebsfortführung nach Insolvenzeröffnung zugerechnet werden könnten, nicht ausgewiesen. Die Forderungen resultieren im Wesentlichen aus Vereinbarungen, die im Zuge der Veräußerung nicht insolventer Tochterunternehmen anderer Schieder-Gesellschaften geschlossen wurden. Auch war die Erbringung von Dienstleistungen gegenüber den Tochtergesellschaften nicht satzungsgemäßer Zweck der Schuldnerin. Von einer wirtschaftlichen Tätigkeit neben der reinen Holdingtätigkeit kann daher aus vorstehenden Gründen nicht ausgegangen werden.
Die Handlungen des Verwalters dienten ausschließlich der Veräußerung des bei Eröffnung vorhandenen Vermögens der Schuldnerin. Die von dem Antragsteller nach Insolvenzeröffnung angestellten Mitarbeiter waren demnach lediglich mit der Zerschlagung des Betriebs und der Abwicklung des Vermögens der Schuldnerin betraut. Die damit einhergehenden Verbindlichkeiten wurden ausschließlich zum Zwecke der Abwicklung begründet, sodass alle Tätigkeiten der Insolvenzverwaltung im eröffneten Verfahren der vergütungsrechtlichen Abwicklung zuzuordnen sind.
Die Berechnungsgrundlage setzt sich somit allein aus der Übernahme des Geldbestandes aus dem vorläufigen Insolvenzverfahren und den vom Insolvenzverwalter erzielten Verwertungseinnahmen aus der Abwicklung der Masse zusammen. Die Erlöse aus der Abwicklung gehen gemäß §§ 63 Abs. 1 S. 2 InsO, 1 Abs. 1 S. 1 InsVV ungekürzt in die Berechnungsgrundlage ein. Die von dem Antragsteller im Schriftsatz vom 22.08.2022 aufgeführten “fortführungsbedingten” Ausgaben, insbesondere die aus der Masse gezahlten Personalkosten (Kto. 5021 u.a.), sind daher von der Berechnungsgrundlage nicht in Abzug zu bringen. Insoweit wird der Antragsteller vergütungsrechtlich begünstigt.
Aus der Rechnungslegung lässt sich die vergütungsrechtliche Teilungsmasse als Basis für die Vergütung des Verwalters wie folgt feststellen.
Im Einzelnen:
Vermögensgegenstand Erlös
Kasse per Insolvenzeröffnung 189,37 €
Forderungen Lieferung und Leistung nach Insolvenzeröffnung 140.783,25 €
Erlöse bewegliches Vermögen (ungesichert) 33.962,60 €
Erlöse aus Verwertung von Beteiligungen (ungesichert) 665.370,44 €
Erlöse aus Verwertung von Beteiligungen 46.218.828,77 €

Forderungen Lieferung und Leistung vor Insolvenzantragsstellung (ungesichert) 1.553.893,28 €
Sonstige Forderungen vor Insolvenzeröffnung 556.535,58 €
Forderungen Rückerstattung aus Darlehen 3.357.208,36 €
Übernahme von Guthaben 5.557.796,13 €

Erstattungen Vorsteuern 2.508.352,53 €
Erstattungen Körperschaft-/Einkommensteuern 1.519.795,70 €
Kontokorrentzinsen 208.430,99 €
Sonstige Zinserträge 201.029,78 €
Sonstige Erlöse (0 % Mehrwertsteuer) 123,70 €
Erlöse aus Mieten steuerfrei 4.499,36 €

Summe der Einnahmen: 62.526.799,84 €
Die verwaltete Insolvenzmasse ist um folgende Abzugsposition zu mindern:
Auskehrbeträge an Absonderungsgläubiger (§ 1 Abs. 2 Nr. 1 InsVV) 41.627.514,24 €
Die maßgebliche Insolvenzmasse beträgt somit 20.899.285,60 €.
Der Insolvenzverwalter hat mit den Sicherungsgläubigern jeweils einen Betrag für die Masse vereinbart (sog. Massekostenbeitrag), der überwiegend die gesetzlich in § 171 InsO vorgesehenen Kostenbeiträge übersteigt. Angabegemäß ist es unterlassen worden, ausdrücklich zu regeln, welcher Betrag auf die Feststellungskosten und welcher Betrag auf die Verwertungskosten entfällt.
Fehlt eine solche Regelung, ist es angemessen, aus dem jeweils vereinbarten Massekostenbeitrag den ansetzbaren Feststellungskostenbeitrag analog dem Verhältnis zwischen Feststellungskosten und Verwertungskosten gemäß § 171 InsO, also im Verhältnis 4:5 zu ermitteln (Kübler/Prütting/Bork, InsO, 2022, 92. Lieferung 06.2022, § 1 Rz. 44; für die Immobilie: BGH, ZinsO 2021, 2046).
Vorliegend konnte der Insolvenzverwalter im Rahmen der Verwertung der gesellschaftsrechtlichen Beteiligungen und Grundstücke der Schuldnerin Kostenbeiträge in Höhe von insgesamt –,– € zur Masse ziehen. Unter Anwendung der 4/9- Regel (siehe oben) ergeben sich Feststellungskosten i.H.v. –,– €.
C.
Fremdleistungen; Verträge nach § 4 Abs. 1 S. 3 InsVV
Nach § 4 InsVV ist der Insolvenzverwalter berechtigt, für die Durchführung eines Insolvenzverfahrens zusätzliche Hilfskräfte zu Lasten der Masse direkt zu verpflichten und entsprechende Dienst- oder Werkverträge abzuschließen.
Da das Insolvenzgericht die vom Insolvenzverwalter persönlich oder von seinem Büro ausgeführten Tätigkeiten bei der Vergütungsfestsetzung zu beurteilen bzw. die “ausgelagerten” Tätigkeiten abzugrenzen hat, bedarf es zunächst der Darlegung und Einschätzung aller hier in Frage kommenden Rechtsverhältnisse und Kostenbelastungen der Masse gem. § 8 Abs. 2 InsVV.
Somit ist das Insolvenzgericht auch nach Meinung des BGH berechtigt und verpflichtet zu überprüfen, ob die Beauftragung externer Hilfskräfte oder die Entnahme der Vergütungen gemäß § 5 InsVV gerechtfertigt war (BGH, Beschl. v. 11.11.2004 – IX ZB 48/04).
Hat die Delegation besonderer Aufgaben dem Verwalter die Erledigung einer Regelaufgabe erspart, ist dieser Ersparnis durch einen Abschlag von der Vergütung Rechnung zu tragen (BGH, Beschl. v. 11.10.2007 – IX ZB 234/06).
Delegiert der Verwalter hingegen Regelaufgaben, so sind die für die Erledigung dieser Aufgaben gezahlten Vergütungen von seiner festzusetzenden Vergütung in Abzug zu bringen (BGH, Beschl. v. 11.11.2004 – IX ZB 48/04).
Der Insolvenzverwalter hat zwingend die Heranziehung von Hilfskräften im Einzelnen aufzuführen und detailliert darzustellen (vgl. BGH, Beschl. v. 11.11.2004 – IX ZB 48/04).
Dieser Anzeigepflicht ist der Antragsteller im Vergütungsantrag nachgekommen und hat die während der Insolvenzverwaltung vergebenen Fremdaufträge sowie die dafür aus der Masse gezahlten Vergütungen aufgelistet.
Die folgende Tabelle zeigt, in welcher Höhe insolvenzspezifische Dienstleistungen vergeben wurden (Angaben der Rechnungsbeträge in netto):
Akteneinlagerung 50.759,10 €
Arbeitsrechtliche Angelegenheiten 17.406,51 €
Anwaltliche Beratungsleistungen im Zusammenhang mit der Verwertung ausländischer Beteiligungen 6.120,00 €
47.610,43 €
2.632,68 €
47.966,50 €
116.135,43 €
2.497,14 €
74.160,42 €
3.302,81 €
1.472.027,98 €
603.550,93 €
Kosten für die Unterstützung bei der Bearbeitung bank- und kreditrechtlicher Angelegenheiten 157.543,73 €
Buchhaltungstätigkeiten 4.500,00 €
Betriebswirtschaftliche Beratung 85.021,05 €
M&A- Beratungsleistungen 1.996.112,97 €
Prozessuale anwaltliche Tätigkeiten 65.119,97 €
352,50 €
Steuerliche Aufarbeitung 66.101,52 €
12.303,20 €
Begutachtung und Verwertung Anlage- und Umlaufvermögen 10.281,00 €
Anwaltliche Leistungen in Bezug auf haftungsrechtliche Fragen gegen (ehemalige) Mitarbeiter der Schieder-Gruppe 16.100,00 €
Pressearbeit, Medienbetreuung 77.948,06 €
Beratung im Rahmen der insolvenzbedingten Abwicklung (Liegenschaftsbetreuung Schieder-Gruppe) 35.490,00 €
Steuerkorrekturen, Gehaltsverbuchung, AFA-Läufe, Verbuchung Abgänge Anlagevermögen, (umsatz-) steuerrechtliche Fragen 10.584,13 €
Leistungen im IT-Bereich 921,25 €
Weitere anwaltliche Leistungen zu Fragen des Steuerrechts, Kommunikation mit Finanzamt, Staatsanwaltschaft und Wirtschaftsprüfer/Abschlussprüfer, steuerliche Beurteilung Forderungs- und Beteiligungsverkäufe, Vergleichsverhandlungen mit Geschäftsführung der Schuldnerin, Verhandlungen mit […] wegen Auflösung des Rahmenvertrages Finanztermingeschäfte 246.782,79 €
Anwaltliche Beratungsleistungen im Zusammenhang mit der Anwendung ausländischen Rechts 2.688,00 €
3.250,00 €
28.164,29 €
9.265,00 €
9.494,87 €
2.985,00 €
Summe: 5.285.179,26 €
Ferner legte die […] verauslagte Kosten für Personaldienstleistungen, Controlling und IT-Dienstleistungen i.H.v. 289.104,22 € netto zulasten der Masse um. Außerdem waren Personal-und Verwaltungskosten aufzuwenden, die aus der Insolvenzmasse an verschiedene andere Konzerngesellschaften zu zahlen waren. Diese konzerninterne Leistungen betrugen insgesamt 385.570,39 € (Seiten 50-52 Vergütungsantrag).
Des Weiteren hat der Insolvenzverwalter nach Insolvenzeröffnung – um Konzern-Umlagen zu vermeiden – weiterhin den Geschäftsführer im Anstellungsverhältnis belassen und weitere Personen für die Buchhaltung und den IT-Bereich direkt bei der Holding zulasten der Masse angestellt (vgl. oben B). Hierzu ist ein Insolvenzverwalter auch berechtigt (Haarmeyer/Mock, Insolvenzrechtliche Vergütungsverordnung 6. Aufl. 2019, § 4 Rn. 16). Auf Kosten der Masse wurden insoweit abgerechnet:
Löhne und Gehälter (Kto. 5120)
407.447,74 €
Sozi lbeiträge (Kto. 5140) 90.415,29 €
Reisekosten (Kto. 5150) 7.923,59 €
Reisekosten (Kto. 5152) 46.758,91 €
Lohnsteuer (Kto. 5160) 179.202,83 €
Summe: 731.748,36 €
Bezüglich der Delegationsfähigkeit ist der Beschluss des BGH vom 11.11.2004 (IX ZB 48/04) richtungsweisend. Nach dieser Rechtsprechung liegt eine besondere Aufgabe im Sinne von § 4 Abs. 1 S. 3 InsVV dann vor, wenn ein vernünftig Handelnder, der über keine berufsspezifischen Spezialkenntnisse verfügt, die Tätigkeit einem Dritten übertragen hätte, der über die notwendigen Kenntnisse verfügt.
Der von dem Gläubigerausschuss bestimmte Kassenprüfer hat im Rahmen seiner Prüfungshandlungen gegen die Angemessenheit der Ausgaben keine Beanstandungen erhoben. Auch diverse weitere Gläubigerausschussmitglieder haben in ihren Stellungnahmen vom 28.07.2021, 17.08.2021, 31.08.2021 und 08.09.2021 das Verwalterhandeln nicht gerügt und die verauslagten Kosten für zweckmäßig und angemessen angesehen. Schließlich hat der vom Insolvenzgericht mit der Prüfung der Schlussrechnung eingesetzte Sachverständige lediglich in der Beauftragung von Rechtsanwältin […] in einer außergerichtlichen Angelegenheit, die zulasten der Masse in Höhe von netto 143,00 € abgerechnet wurde, die Delegation einer Regelaufgabe gesehen.
Das Insolvenzgericht folgt nach eigener Prüfung der Einschätzung des Gutachters und der Gläubigerausschussmitglieder, wonach die Delegationen keine Veranlassung zu Beanstandungen geben. In diesem Zusammenhang ist hervorzuheben, dass die Gläubigerausschussmitglieder auch die Zweckmäßigkeit des Vorgehens des Verwalters kontrollieren müssen (BeckOK Insolvenzrecht, Fridgen/Geiwitz/Göpfert, 29. Edition, § 69 Rz. 21). Die auf Kosten der Masse delegierte anwaltliche außergerichtliche Angelegenheit, die eine Kernaufgabe des Insolvenzverwalters betraf, kann angesichts ihrer Geringfügigkeit vernachlässigt werden.
Vergütungsrechtliche Folgen der Delegationen
Wie bereits erwähnt, wurde die Insolvenzmasse infolge der Delegationen mit Kosten von insgesamt 5.285.179,26 € belastet. Im Verhältnis zur Berechnungsmasse von 20.899.285,60 € entsprechen diese Kosten einem Prozentsatz von 25,28 %. Unter Berücksichtigung auch der Personalkosten für die nach Insolvenzeröffnung weiterbeschäftigten bzw. neu eingestellten Arbeitnehmer (= 731.748,36 €) ergibt sich eine Quote von 28,78 %.
Der Einsatz von Hilfskräften bei der Be- und Verwertung des schuldnerischen Anlage- und Umlaufvermögens, vor allem der Inanspruchnahme von anwaltlichen Beratungsleistungen im Zusammenhang mit der Verwertung ausländischer Beteiligungen und der Liegenschaftsbetreuung, stellt zwar eine Entlastung des Insolvenzverwalters von Kernaufgaben dar. Dennoch verbietet es sich hier, eine Anrechnung auf die Regelvergütung in Höhe der gezahlten Vergütungen vorzunehmen (vgl. Haarmeyer/Wutzke/Förster, InsVV, 4. Aufl., § 4 Rn. 26).
Denn der Einsatz von Hilfskräften durch den Verwalter ist gerechtfertigt, wenn der Verwalter auf Grund der Schwierigkeit und des Umfangs des Insolvenzverfahrens gezwungen ist, auch Regelaufgaben zu delegieren oder Hilfskräfte mit besonderer Sachkunde zu beauftragen (vgl. Lorenz in FK-InsO, 7. Aufl., § 4 InsVV Rn. 9; MüKo-InsO/Riedel, 3. Aufl., Anh. zu § 65, § 4 InsVV, Rn. 9). An der Größenordnung und der Schwierigkeit dieses Insolvenzverfahrens, insbesondere im Zusammenhang mit den sehr komplexen Vertragsstrukturen, darf bei Durchsicht der Verfahrensverzeichnisse, des Gutachtens, der Berichte und der Schlussrechnung des Insolvenzverwalters kein vernünftiger Zweifel bestehen.
Es besteht daher keine Veranlassung, die Aufwendungen für übertragende Tätigkeiten direkt von der Insolvenzverwaltervergütung abzuziehen.
Allerdings ist von dem Insolvenzgericht in der Folge zu prüfen, ob die im Einzelnen mit der Delegation verbundene Entlastung des Insolvenzverwalters auch von Kernaufgaben einen Abschlag von der Verwaltervergütung rechtfertigt bzw. die Bemessung der Höhe von Zuschlägen beeinflusst.
Ferner muss die Fortbeschäftigung oder Neueinstellung von Arbeitnehmern bei der Schuldnerin Auswirkungen auf die Vergütung haben, wenn der Insolvenzverwalter dadurch von Aufgaben entlastet wird, die von der Regelvergütung im Rahmen des § 2 InsVV erfasst sind (Haarmeyer/Mock, Insolvenzrechtliche Vergütungsverordnung 6. Aufl. 2019, Rn. 17).
D.
Regelvergütung gemäß § 2 InsVV/Gegenüberstellung der Kriterien eines Regelverfahrens mit den Merkmalen des konkreten Insolvenzverfahrens
Aus der vorstehend dargelegten maßgeblichen Masse errechnet sich nach § 2 Abs. 1 InsVV im vorliegenden Insolvenzverfahren unter Einbeziehung des Werts der vom Insolvenzverwalter verwerteten Absonderungsgegenstände in Höhe von
–,– €.
Massegegenstände, die mit Absonderungsrechten behaftet sind, werden bei der Ermittlung der Berechnungsgrundlage nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 S. 1 InsVV berücksichtigt, wenn sie durch den Verwalter verwertet werden und der Masse hierfür die Kostenbeiträge nach den §§ 170, 171 InsO zufließen.
Der Mehrbetrag der Vergütung, der auf den absonderungsbelasteten Gegenstände entfällt, darf 50 % des Betrags nicht übersteigen, der für die Kosten ihrer Feststellung in die Masse geflossen ist. Verwertet somit der Insolvenzverwalter einen Absonderungsgegenstand, erhöht sich seine Vergütung maximal um 2 % (= 50 % der 4 %igen Feststellungskostenpauschale). Insofern ist eine Vergleichsrechnung vorzunehmen (BeckOK, Insolvenzrecht, Fridgen/Geiwitz/Göpfert, 27. Edition, § 1 InsVV Rn. 19).
Der sich hieraus ergebende Mehrbetrag bei der Regelvergütung ist mit den hälftigen Feststellungskosten zu vergleichen. Der niedrigere Betrag ist nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 S. 2 InsVV in Ansatz zu bringen.
Die Feststellungskostenbeiträge betragen insgesamt 2.046.441,63 € (vgl. Ausführungen unter B).
Die Vergleichsrechnung stellt sich somit wie folgt dar:
[…]
Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung (BGH, Beschluss vom 10.10.2013 – IX ZB 169/11) sind die Feststellungskosten nicht Teil der “kleinen” Berechnungsgrundlage.
Auch hat der Insolvenzverwalter kein Wahlrecht, ob dieser die Sondervergütung nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 S. 1, 2 InsVV beansprucht oder die vereinnahmten Feststellungskosten innerhalb der einfachen Berechnungsgrundlage berücksichtigt wissen will und dafür auf die Sondervergütung verzichtet. Die Regelung des § 1 Abs. 2 Nr. 1 S. 1, 2 InsVV muss immer zur Anwendung kommen (Knapp, Die Vergütung des Insolvenzverwalters, Seite 49).
Der durch die Werteinbeziehung der Absonderungsgegenstände entstandene Mehrvergütungsbetrag beläuft sich demnach auf –,– €.
Diese Vergütungsdifferenz ist jedoch auf die Hälfte der in die Masse geflossenen Feststellungsbeiträge begrenzt; § 1 Abs. 2 Nr. 1 InsVV.
Wie bereits oben ausgeführt, beträgt die Summe der Feststellungskostenbeiträge 2.046.441,63 €, so dass sich eine Kappungsgrenze von –,– € errechnet.
Der Mehrbetrag der Vergütung liegt unterhalb der hälftigen Feststellungskosten und stellt die Obergrenze für die Mehrvergütung dar.
Somit ergibt sich eine Gesamtregelvergütung von –,– €, die die Regelvergütungsbasis für alle weiteren Vergütungsberechnungen dieses Verfahrens ist.
Jedoch stellt die Deckelung auf 50 % der zugeflossenen Feststellungskosten eine absolute Grenze der Mehrvergütung dar, die auch durch Zuschläge nach § 3 InsVV nicht erhöht werden darf (BGH, Beschluss vom 22.07.2021 – IX ZB 85/19).
Mit der Regelvergütung ist jedoch nur der durchschnittliche Aufwand in einem durchschnittlichen Unternehmens-Insolvenzverfahren angemessen abgegolten.
Zur Definition eines Normalverfahrens ist auf die in der Insolvenzordnung geregelte insolvenzspezifische Pflicht des Verwalters, die er in jedem Verfahren grds. zu erfüllen hat, abzustellen.
Als Normalverfahren kann demnach quantitativ angesehen werden ein Verfahren, bei dem kumulativ folgende Merkmale erfüllt sind (vgl. MüKoInsO/Nowak, 2. Aufl., § 2 InsVV, Rn. 3; Haarmeyer/Wutzke/Förster, InsVV, 4. Aufl., § 2 Rn. 24; ferner Kübler/Prütting/Bork, InsVV, 54. Lfg. 8/13, § 3 Rn 60 bis 63):
– Umsatz des Unternehmens bis 1.500.000,00 €,
– Verfahrensdauer bis zu 2 Jahren (alleine die längere Verfahrensdauer stellt allerdings kein Zuschlagskriterium dar, sondern lediglich ggf. daraus resultierende zusätzliche Tätigkeiten; vgl. auch BGH, Beschl. v. 07.10.2010 – IX ZB 115/08),
– bis zu 20 Arbeitnehmer,
– ohne besondere Probleme bei der Massesammlung (also nur eine Betriebsstätte, kein Auslandsvermögen)
– mit nicht mehr als 100 Forderungsanmeldungen,
– mit nicht mehr als 100 einzuziehende Forderungen gegen Drittschuldner,
– bis zu 300 Buchungsvorgänge in der Insolvenzbuchhaltung,
– ordnungsgemäße Buchführung des Schuldners,
– keine Ausarbeitung eines Insolvenzplans durch den Insolvenzverwalter,
– ohne Haus- und Grundstücksverwaltung,
– ohne Betriebsfortführung,
– rechtliche Prüfung und Bearbeitung von Massegegenständen, die mit Aus- und Absonderungsrechten belastet sind in einem Umfang von bis zu 50 % der Schuldenmasse,
– ohne Übertragung des Zustellungswesens.
Ergänzend sind zu den vorstehend dargestellten quantitativen Kriterien weitere qualitative Kriterien anzusetzen (vgl. MüKoInsO/Nowak, 2. Aufl., § 2 InsVV, Rn. 4; Haarmeyer/Wutzke/Förster, InsVV, 4. Aufl., § 2 Rn. 11 bis 23):
– Inbesitznahme und Sicherung der Masse ohne besondere Erschwernisse,
– Aufbau des Masseverzeichnisses und der Vermögensübersicht,
– Einrichtung einer den handels- und steuerrechtlichen Erfordernissen entsprechenden Buchhaltung,
– Prüfung von Anfechtungsansprüchen und -klagen und Führung von Anfechtungsprozessen in üblicher Zahl und üblichem Umfang,
– Entscheidung über schwebende Vertragsverhältnisse (Vertragsabwicklung/Kündigung),
– Entscheidung über die Fortführung des Unternehmens,
– Entscheidung über die Aufnahme/die Fortführung von Rechtsstreitigkeiten,
– Erstellung des Gläubigerverzeichnisses,
– Prüfung der angemeldeten Forderungen,
– Führung der Tabelle/Prüfung der Tabelleneintragungen,
– Prüfung und Entscheidung über Aus- und Absonderungsrechte,
– Masseverwertung, Befriedigung der Massegläubiger, Überschussverteilung.
Dabei bilden die vorgenannten Faktoren nur einen Rahmen, der erst dann vergütungsrechtlich wirkt, wenn die Überschreitung der Rahmendaten mit einer erheblichen Mehrarbeit verbunden ist, da allein das zahlenmäßige Überschreiten bestimmter Erfahrungswerte und Eckdaten vergütungsrechtlich neutral ist (BGH, ZinsO 2003, 748 und BGH, ZinsO 2003, 790).
Für die Vergütungsfestsetzung wurden der Insolvenzantrag der Schuldnerin, das Gutachten des vorläufigen Insolvenzverwalters, der Bericht des Verwalters zur 1. Gläubigerversammlung, seine Zwischenberichte und die Schlussrechnung des Verwalters sowie die Protokolle über die Sitzungen des Gläubigerausschusses ausgewertet.
Ein zusätzlicher Bearbeitungsaufwand für den Verwalter ergab sich mit Blick auf die Verfahrensdauer, die ihre Ursache in der Komplexität der zu klärenden Rechtsverhältnisse hatte, die Auslandsbeteiligungen und die zu verwertenden gesellschaftsrechtlichen Beteiligungen der Schuldnerin. Ein eventuell bestehender Minderaufwand in diversen Bereichen der Verfahrensabwicklung (Personalwesen und Inventarisierung des Vermögens) wurde auf jeden Fall durch entsprechenden Mehraufwand bei der Behandlung von schwierigen Rechtsfragen im Zusammenhang mit der Forderungsprüfung und der Anwendung ausländischen Rechts überkompensiert.
Unter Berücksichtigung der qualitativen Erschwernisse ist somit nach dem Gesamtbild das hier zu beurteilende Insolvenzverfahren als überdurchschnittlich einzuordnen, was schon durch die Größe impliziert ist.
Da das hier zu beurteilende Insolvenzverfahren an das Tätigsein des Verwalters außerordentlich hohe Anforderungen gestellt hat, die sich in vielfältiger Hinsicht von einem durchschnittlichen Insolvenzverfahren unterschieden haben, ist die nach § 2 Abs. 1 InsVV rechnerisch ermittelte Regelvergütung unter Berücksichtigung der Kriterien des § 3 InsVV angemessen zu erhöhen (vgl. BGH ZinsO 2006, 642-646). Allerdings stehen die Erhöhungstatbestände auch im Zusammenhang und in Abhängigkeit von Umfang und Entwicklung der Masse, sodass ein angemessener Vergütungssatz nicht unabhängig von der Höhe der Berechnungsgrundlage bestimmt werden kann. In einem größeren Insolvenzverfahren wird der regelmäßig anfallende Mehraufwand des Verwalters im Grundsatz dadurch abgegolten, dass die größere Vermögensmasse zu einer höheren Vergütung führt (BGH, Beschluss vom 21.09.2017 – IX ZB 28/14 – ; BGH, Beschluss vom 29.04.2021 – IX ZB 58/19).
Bei der Zuschlagsfestsetzung muss ferner berücksichtigt werden, dass der Verwalter unter keinen Umständen mehr als die Hälfte der Feststellungskosten vereinnahmt
E.
Zu- und Abschläge
Dem Umfang und der Schwierigkeit der Geschäftsführung des Insolvenzverwalters wird durch Abweichungen vom Regelsa