Ostfriesischer Kurier GmbH

9 IN 36/23 In dem Insolvenzverfahren Ostfriesischer Kurier GmbH, Stellmacherstraße 14, 26506 Norden (AG Aurich, HRB 205849),
vertreten durch:
Charlotte Basse (Geschäftsführerin),
Verfahrensbevollmächtigte:
Rechtsanwälte Andres Partner, Bennigsen-Platz 1, 40474 Düsseldorf,

werden die Vergütung und Auslagen des Sachwalters Dr. Christian Kaufmann festgesetzt auf:
…..€ Nettovergütung
…..€ Umsatzsteuer hierauf i.H.v. 19%
…..€ Auslagen (§§ 10, 4 Abs. 2 Ins VV)
…..€ Umsatzsteuer hierauf i.H.v. 19%
…..€ rechnerischer Gesamtbetrag (Netto: …..€)

Wegen des ausdrücklichen teilweisen Verzichts des Sachwalters wird die Gesamtvergütung festgesetzt auf
…..€ brutto.
Mit Beschluss des Amtsgerichts Aurich vom 01.07.2023 wurde das
Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung über das Vermögen der Ostfriesischer
Kurier GmbH eröffnet und der Antragsteller zum Sachwalter bestellt.
Der Vergütungsanspruch des Sachwalters ergibt sich aus §§ 274 Abs. 1, 63 ff.
InsO, 12 Abs. 1 InsVV. § 12 InsVV stellt nicht die Anspruchsgrundlage für die
Vergütung dar, sondern füllt § 274 Abs. 1 i.V.m §§ 63, 64 InsO aus.
Nach § 12 Abs. 1 InsVV erhält der Sachwalter in der Regel eine Vergütung in
Höhe von 60 % der Vergütung des Insolvenzverwalters.
Eine einheitliche Festsetzung der Vergütung des Sachwalters und des
vorläufigen Sachwalters (gefestigte höchstrichterliche Rechtsprechung, BGH,
ZInsO 2016, 1637 ff.; BGH, ZInsO 2016, 2077 ff.) kommt im vorliegenden
Verfahren infolge der mit Gesetz zur Fortentwicklung des Sanierungs -und
Insolvenzrechts (SanInsFoG vom 22.12.2020) vorgenommenen Änderungen der
InsVV nicht mehr in Betracht. Durch das SanInsFoG ist die neue Vorschrift des
§ 12a InsVV eingeführt worden, die die gesonderte Vergütung des vorläufigen
Sachwalters regelt und auf Verfahren anwendbar ist, bei denen der
Insolvenzantrag ab dem 01.01.2021 gestellt wurde.
Liegt ein gestiegener Arbeitsaufwand für die Tätigkeit des Sachwalters vor,
können Zuschläge zugebilligt werden; § 3 InsVV (Zu- und Abschläge), ist über
§ 10 InsVV auch auf die Vergütung des Sachwalters gemäß § 12 InsVV
anwendbar (BGH, ZInsO 2016, 2077, 2081).
§ 12 Abs. 2 InsVV gibt lediglich ein besonderes Beispiel für einen Zuschlag für
die Tätigkeit des Sachwalters (“insbesondere”). Es gilt für den endgültigen
Sachwalter im Falle der Anordnung der Zustimmungsbedürftigkeit für bestimmte
Rechtsgeschäfte gemäß § 277 Abs. 1 S. 1 InsO. § 12 Abs. 2 ist als spezifische
Ergänzung / verkapptes Regelbeispielzu § 3 Abs. 1 InsVV zu sehen
(HambKomm-InsR/Büttner, 9. Aufl., § 12 InsVV, Rn 12). Weitere Zuschläge
gemäß § 3 InsVV können zugebilligt werden.
2. Berechnungsgrundlage (§§ 10, 1, 12 InsVV)
Berechnungsgrundlage der Vergütung des Sachwalters ist der Wert der Masse,
die sich aus der Schlussrechnung der Schuldnerin gemäß § 281 Abs. 3 Satz 2
InsO ergibt.
Hieraus ergibt sich die folgende Vergütung gemäß § 2 Abs. 1 InsVV:
Summe des Vermögens, auf das sich die
Tätigkeit des Sachwalters erstreckt 97.463,12
Regelvergütung gemäß § 2 InsVV 25.159,73
40% aus den ersten 35.000,00 € 14.000,00
26% aus den ersten 70.000,00 € 9.100,00
7,5% aus den ersten 350.000,00 € 2.059,73
Ermittlung der Berechnungsgrundlage gemäß
§ 12b i. V. m. 10 InsVV
Gemäß § 12 Abs. 1 InsVV erhält der Sachwalter in der Regel 60 Prozent der
Vergütung des Insolvenzverwalters. Dies entspricht hier einem Betrag von
…..€.
4. Zu- und Abschläge (§§ 12 Abs. 2, 10, 3 InsVV)
4.1. Zuschläge
Nach Feststellung der Normalvergütung gemäß § 2 InsVV sind auch beim
Sachwalter die besonderen, tätigkeitsbezogenen Zuschlags- und
Abschlagsfaktoren des § 3 InsVV in entsprechende Anwendung zu bringen. Erst
im Zusammenwirken der §§ 2, 3 InsVV kann eine einzelfallbezogene
angemessene Vergütung festgestellt werden.
Mit der Entscheidung IX ZB 71/14 hat der BGH ausdrücklich klargestellt, dass
(entsprechender Mehraufwand beim Sachwalter vorausgesetzt) bei bestimmten
Tätigkeiten des Sachwalters Zuschläge auf die Regelvergütung unzweifelhaft
möglich sind. So können Zuschläge insbesondere in Betracht kommen:
– bei Unternehmensfortführung
– bei begleitenden Bemühungen zur übertragenden Sanierung / bei der Erstellung
eines Insolvenzplans, eines Sanierungskonzeptes
– bei Zusammenarbeit mit einem eingesetzten (vorläufigen)
Gläubigerausschuss
– bei Übernahme des Zahlungsverkehrs (aber im Rahmen des Zuschlags der
Unternehmensfortführung zu berücksichtigen)
Folgende Zuschläge hält das Gericht angesichts des im vorliegenden Verfahren (im
Vergleich zu einem Durchschnittsverfahren) deutlich höheren Arbeitsaufwandes
für den Sachwalter für
angemessen:
Zuschläge gemäß § 3 Abs. 1 InsVV: 0,65
Unkooperativer Schuldner 0,00
Unvollständige Buchhaltung 0,00
Bearbeitung komplexer Steuersachverhalte 0,00
Begleitung und Überwachung der Betriebsbzw.
Unternehmensfortführung 0,25
Erschwerte Inbesitznahme 0,00
Vermögen im Ausland 0,00
Altlasten 0,00
Unternehmensverbund 0,00
Inventur mit besonderem Aufwand (mehrere
Betriebe) 0,00
Vielzahl beizutreibender Außenstände 0,00
Hausverwaltung 0,00
Sicherstellung von Anfechtungsunterlagen 0,00
Aus- u. Absonderungsrechte am AV 0,00
Aus- u. Absonderungsrechte am UV /
Lieferantenpool 0,00
Arbeits- und sozialrechtliche Fragen 0,00
Interessenausgleich/Sozialplan 0,00
Insolvenzgeldvorfinanzierung 0,00
Hohe Gläubigerzahl 0,00
Sanierung (Prüfung Sanierungskonzept, M&AProzess,
übertragende Sanierung) 0,40
Insolvenzplan 0,00
Vielzahl von Rechtsstreitigkeiten 0,00
Erheblicher Arbeitsaufwand 0,00
Verfahrensdauer 0,00
Verwalterberichte in besonderem Umfang 0,00
Regelvergütung wegen Degression der
Regelsätze keine angemessene Gegenleistung 0,00
Begründung:
4.1.1. Begleitung und Überwachung der Betriebs- bzw.
Unternehmensfortführung
Betriebsfortführung
Das schuldnerische Unternehmen wurde seit Verfahrenseröffnung, d.h. für
einen Zeitraum von vier Monaten (01.07.2023 bis zum 31.10.2023) unter
intensiver Mitwirkung des Antragstellers und seiner Mitarbeiter ohne
Einschränkungen in vollem Umfang fortgeführt.
Gemäß höchstrichterlicher Rechtsprechung sind Zuschläge unter dem
Gesichtspunkt der Ausübung von Kontrolle/Überwachung gegenüber der
Schuldnerin im Zusammenhang mit der Unternehmensfortführung denkbar
(BGH, ZInsO 2016, 1637, 1643). Der Bundesgerichtshof erkennt an, dass die –
überwachende – Begleitung der Unternehmensfortführung ähnlich aufwendig
sein kann, wie die Unternehmensfortführung selbst. Entscheidend ist, ob die
Überwachung der Betriebsfortführung die Arbeitskraft des Sachwalters in
überdurchschnittlichem Umfang in Anspruch genommen hat (BGH a.a.O.).
Vorliegend rechtfertigt die uneingeschränkte Fortführung des
Geschäftsbetriebes im eröffneten Eigenverwaltungsverfahren aufgrund der
umfangreichen und sehr arbeitsintensiven Maßnahmen eine konkrete Erhöhung.
Der Geschäftsbetrieb der Schuldnerin wurde auch nach der Insolvenzeröffnung
unter meiner Aufsicht in Eigenverwaltung fortgeführt.
Nach wie vor fand wöchentlich ein “Jour fixe”-Termin mit den Beratern der
Schuldnerin statt, in dem die wesentlichen Entscheidungen gemeinsam erörtert
und abgestimmt wurden.
Die Liquiditäts- und Finanzplanung wurde unverändert durch die Schuldnerin
und deren Berater aktualisiert und dem Sachwalter zur Überprüfung zur Verfügung gestellt.
Die Kassenführungsbefugnis lag auch nach Insolvenzeröffnung bei der
eigenverwaltenden Schuldnerin und deren Berater. Aufgrund der Besetzung der
Eigenverwaltung konnte und sollte die Kassenführungsbefugnis bei der
Schuldnerin verbleiben, § 275 Abs. 2 InsO. Etwaige zu tätigende Zahlungen
wurden weiterhin im Vorfeld mit ihm abgestimmt.
Es ist festzuhalten, dass die Eigenverwaltungsplanung der Schuldnerin
weiterhin schlüssig und belastbar war. Es waren keine Umstände bekannt, aus
denen sich ergäbe, dass die Eigenverwaltungsplanung in wesentlichen Punkten
auf unzutreffenden Tatsachen beruhte.
Wie bereits im Antragsverfahren war auch während der Betriebsfortführung
nach Verfahrenseröffnung ein weiterer Schwerpunkt der Tätigkeit die
Mitwirkung an der insolvenzspezifischen Unternehmensplanung (Rentabilitätsund
Liquiditätsplanung) sowie eines geeigneten, insolvenzspezifischen
Verfahrenscontrollings (Tagesmeldungen, Soll-Ist-Abgleich). Insoweit hat der Sachwalter
nicht nur teilgenommen, kontrolliert oder gar nur Ergebnisse zur Kenntnis
genommen (plausibilisiert bzw. kontrolliert), sondern in maßgeblichen Bereichen
doch erheblichen Einfluss auf die Inhalte genommen und konkrete Vorgaben für
die qualitativen und quantitativen Mindestanforderungen getätigt. Wichtig war für
ihn neben den üblichen Kennzahlen im konkreten Fall z.B. auch jederzeit aus
dem Reporting erkennen zu können, wie konkret im Umsatz und Ergebnis
(incl. Soll- Ist Abgleich) liegen, wie die Liquiditätssituation (IST) im Vergleich
zum PLAN ist, wie das offene Bestellobligo ist, wie viele Mitarbeiter tatsächlich
im Einsatz sind, ebenfalls im Abgleich zu den geplanten Mitarbeitern und wie
z.B. die Krankmeldungsquote ist, um Stimmungen der Belegschaft abzulesen,
etc.
Ebenso als nicht eigenständiger (Zuschlagsfaktor-)Bereich, aber als inzidenter
Bestandteil des Zuschlagsfaktor “Unternehmensfortführung” kann die (faktische)
Übernahme des Zahlungsverkehrs zu einem Erhöhungsgrund der
Sachwaltervergütung beitragen. In enger Abstimmung mit der Eigenverwaltung
hat der Sachwalter die faktische Kontrolle des Zahlungsverkehrs übernommen.
Der Kontobestand, sämtliche Aufträge und Rechnungen sowie sonstige
vorzunehmende Zahlungen sind dem Sachwalter mehrfach wöchentlich zur
Freigabe übersandt worden. Der Sachwalter hat insofern die zu leistenden
Zahlungen, Bestellfreigaben etc. geprüft und, soweit sich keine Einwände
ergaben, gegenüber der Eigenverwaltung freigegeben. Erst hiernach sind
Aufträge veranlasst bzw. Zahlungen ausgeführt worden. Der Vorteil dieser hier
gewählten Methode besteht wiederum darin, dass der Sachwalter zwar faktisch
die Kassenführung übernimmt und damit sichergestellt ist, dass alle
insolvenzrechtlichen Besonderheiten beachtet werden (quasi wie bei
Übernahme der Kassenführungsbefugnis), dies gleichzeitig allerdings nicht nach
außen dringt und insoweit die Kommunikation zum Eigenverwaltungs- /
Sanierungsverfahren nicht konterkariert wird.
Durch diese faktische “Kassenführungsbefugnis” ist sehr erheblicher
Mehraufwand für den Sachwalter und sein Team entstanden. Der
Vergütungserhöhungsgrund liegt insoweit darin, dass mit der einzigen
Ausnahme des eigentlichen (technisch ausgeführten) Überweisungsvorgangs
bei der Bank, sämtliche übrigen Tätigkeiten genauso umfangreich beim
Sachwalter anfallen wie im Falle der offiziellen Kassenführungsbefugnis durch
den Sachwalter nach § 275 Abs. 2 InsO. Vor der Freigabe wurde jeweils
ein Abgleich mit der Unternehmensplanung im Eigenverwaltungsverfahren
durchgeführt.
Die Schuldnerin ist Teil der SKN-Unternehmensgruppe, die Standorte in Emden
und Norden hat. Kerngeschäft der SKN-Unternehmensgruppe ist die Druckerei
(Werbebeilagen, Akzidenz), Zeitung (regionale Tageszeitung und Wochenblatt)
sowie Verlag (Bücher, Kalender, Telefonbücher, Magazine mit regionalem
Bezug).
Die SKN-Unternehmensgruppe stellt sich im Einzelnen wie folgt dar:
Die Ursprünge der Unternehmensgruppe gehen zurück auf das Jahr 1861. Im
Jahr 1982/1983 erfolgte der Neubau des Verwaltungsgebäudes und der
Produktionsflächen in Norden sowie Erweiterungen in den Folgejahren. Im Jahr
1985 wurde der Produktionsstandort in Emden erworben, der in den Folgejahren
ausgebaut wurde.
Im Jahr 2018 hat sich die Schuldnerin und auch weitere Gesellschaften der
SKN-Unternehmensgruppe in einem in Eigenverwaltung geführten
Insolvenzverfahren durch einen Insolvenzplan saniert. Eine wesentliche
Sanierungsmaßnahme in dem damaligen Verfahren war die Konzentration des
Druckereibetriebs auf den Standort in Emden, verbunden mit einem Umzug von
Druckmaschinen vom Standort in Norden nach Emden.
In der SKN-Gruppe bestehen zwischen den einzelnen Gesellschaften vielfältige
Verflechtungen. Die innerhalb der SKN-Gruppe erbrachten wechselseitigen
Leistungen wurden entsprechend berechnet. Die Eigenverwaltung hatte einen
Vorschlag unterbreitet, die Kosten auch während der Dauer des Verfahrens
sachgerecht auf die einzelnen Gesellschaften umzulegen. Dies unter anderem,
um den Insolvenzgeldeffekt während des Antragsverfahrens auf einzelne
Gesellschaften zu verteilen, die die internen Personaldienstleistungen in
Anspruch nehmen. Der Vorschlag ist durch den Sachwalter geprüft und für plausibel und
sachgerecht empfunden worden.
In Literatur und Rechtsprechung werden sehr unterschiedliche Prozentsätze für
eine Betriebsfortführung in Ansatz gebracht. Hier werden Zuschläge von 0,05
bis 0,75 vertreten (vgl. z.B. LG Bielefeld, ZInsO 2004, 1251/75 %, 3 Monate); im
Übrigen vgl. Rechtsprechungsnachweise bei Münchener Kommentar zur InsO,
Bd. 1, 2. Aufl. 2007, § 11 InsVV Rdnr. 21; FK-InsO, 6. Aufl. 2011, § 11 InsVV
Rdnr. 36). In einem Regelinsolvenzverfahren wird für die Betriebsfortführung
eines kleineren Unternehmens von bis zu einem Jahr ein Zuschlag von 50 % für
angemessen gehalten (Frankfurter Kommentar, InsO, § 3 InsVV Rdnr. 59
Erhöhungstatbestand Betriebsfortführung; Kübler/Prütting/ Bork-Prasser/Stoffler,
InsO, InsVV, § 3 Rdnr. 116 Geschäftsfortführung). Das LG Dresden (ZIP 2005,
1745) gewährt einen Zuschlag von 50 % für die “nur” 19-tägige
Betriebsfortführung eines 50-Mann-Betriebes. Bei mittleren und größeren
Unternehmen oder bei Betriebsfortführungen, die deutlich über 6-8 Wochen
hinausgehen, werden in Literatur und Rechtsprechung Erhöhungsfaktoren
alleine für die Betriebsfortführung von bis zu 1,0/1,5 in Ansatz gebracht.
In der Literatur werden allein schon für die Übernahme der Kassenführung
Zuschläge von 10 – 20 %, in Ausnahmefällen auch höhere, genannt
(Kübler/Prütting/Bork-Prasser, InsO, InsVV, § 12 Rdnr. 9; Frankfurter
Kommentar, InsO, § 12 InsVV Rdnr. 12). Der BGH betont, dass die Entscheidungen anderer Gerichte in
vergleichbaren Fällen eine Orientierungshilfe bieten.
Um den zusätzlichen Aufwand im Zusammenhang für die zuvor beschriebene
umfangreiche Überwachung der Eigenverwaltung, der teilweise aktiven
Übernahme von Treuhandaufgaben im Insolvenzverfahren einschließlich der
faktischen Übernahme der Kassenführung für einen Zeitraum von vier Monaten
abzugelten, hält das Gericht im hier konkret vorliegenden Fall einen einheitlichen
Zuschlag von 0,25 für angemessen, aber auch erforderlich. Dabei ist bei
Ansatz des Erhöhungsfaktors durchaus bereits berücksichtigt, dass der konkrete
Aufwand aufgrund der Tätigkeit in diesem Eigenverwaltungsverfahren
vergleichsweise doch grundsätzlich geringer ausgefallen ist, als das im Rahmen
eines Regelinsolvenzverfahrens für den Insolvenzverwalter der Fall ist. Auch
wurde berücksichtigt, dass sich mit dem vorläufigen Verfahren bereits eine
gewisse Routine zwischen der Eigenverwaltung und dem Sachwalterbüro in den
Abläufen eingespielt hatte.
Andererseits muss aber vorliegend ebenso berücksichtigt werden, dass ein
erhöhter Arbeitsaufwand im Rahmen der Betriebsfortführung (für den
Sachwalter und sein eigenes Team von Mitarbeitern) angefallen ist, wie
vorstehend im Detail dargelegt worden ist.
Entsprechend der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 24.01.2008
(Aktenzeichen IX ZB 120/07) ist bei der Beantragung eines Zuschlags aufgrund
einer Betriebsfortführung eine Vergleichsrechnung vorzunehmen. Damit soll
verhindert werden, dass der durch die Betriebsfortführung entstandene Aufwand
mehrfach vergütet wird. Nur wenn die Erhöhung der Vergütung durch
Massemehrung aufgrund der Fortführung des Unternehmens hinter dem Betrag
zurückbleibt, der dem Verwalter bei unveränderter Masse als Zuschlag
gebühren würde, ist ihm ein diese Differenz in etwa ausgleichender Zuschlag zu
gewähren (vgl. BGH ZInsO 2016, 1637). Dies ist zwar, soweit bekannt, für den
Sachwalter noch nicht entschieden, dürfte aber ebenso zu behandeln sein.
Insgesamt hat sich die Berechnungsmasse (freie Masse) aufgrund der
Betriebsfortführung im Rahmen des Eigenverwaltungsverfahrens allerdings
vorliegend nicht erhöht. Ein fortführungsbedingter Überschuss ist insoweit im
hier vorliegenden Verfahren nicht entstanden. Demnach erübrigt sich das
eigentliche Erfordernis zur Vorlage einer Vergleichsrechnung.
4.1.2. Sanierung (Prüfung Sanierungskonzept, M&A-Prozess, übertragende
Sanierung)
Es bestanden nach wie vor gute Aussichten, die Schuldnerin durch einen Insolvenzplan
zu sanieren.
Die Ausführungen der Schuldnerin und ihrer Berater im Bericht zur Gläubigersammlung
vom 01.08.2023 (Teil I, Abschnitt B, Ziffer X des Berichts) zum
Stand der Sanierung und der bisherigen Maßnahmen ist zutreffend.
Gemäß § 284 Abs. 1 InsO n.F. können sowohl der Sachwalter als auch der
vorläufige Sachwalter mit der Ausarbeitung eines Insolvenzplans beauftragt
werden. Ein Auftrag an den Sachwalter, einen Insolvenzplan zu erarbeiten /
einzureichen, ist vorliegend zwar konkret nicht ergangen. Aber auch wenn es
anlässlich der (intensiven) Mitwirkung bei der Erstellung eines Insolvenzplans
durch die Schuldnerin zu überdurchschnittlichem Aufwand für den Sachwalter
kommt, stellt das nach den einleitend genannten Entscheidungen des BGH (vgl.
insbesondere BGH IX ZB 71/14 in ZInsO 2016, 2077 Rdnr. 32; NZI 2016, 796
Rdnr. 28, 53) einen Erhöhungsgrund für die Sachwaltervergütung dar.
So war vorliegend ein erheblicher inhaltlich wie zeitlich weiterer Schwerpunkt im
Eigenverwaltungsverfahren, nachdem der Sanierungsweg als solcher geklärt
werden konnte, die konstruktive Mitwirkung bei der Entstehung und
Ausarbeitung und intensive Prüfung des schließlich beim Insolvenzgericht
vorgelegten Insolvenzplans. Der Sachwalter und sein Team waren insoweit in
der Entstehung des Insolvenzplans und all seiner Anlagen / ergänzenden
Unterlagen vollumfänglich eingebunden. Der Sachwalter hat sich vorliegend
nicht nur auf eine mehr oder weniger grobe Prüfung des Plans zurückgezogen,
sondern wurde von der Eigenverwaltung maßgeblich in die Erstellung und
inhaltliche Gestaltung des Insolvenzplans eingebunden und hat sodann auch an
der Umsetzung desselben mitgewirkt.
Für den mit der Vorbereitung einer Sanierung einhergehenden Mehraufwand
werden in der Literatur Zuschläge zwischen 0,50 und 1,0 für angemessen
gehalten. So beispielsweise Keller, in Heidelberger Kommentar, 5. Aufl., § 3
Rdnr. 7, der unter Bezugnahme auf umfangreiche Literatur und Rechtsprechung
ausführt: Je nach Umfang der Tätigkeiten des Insolvenzverwalters kann die
Vergütungserhöhung erheblich sein und 100 Prozent der Regelvergütung
betragen.” (Zitiert wird: “LG Mönchengladbach ZIP 1986, 1588, dazu EWiR
1987, 73 (Eickmann); LG Siegen ZIP 1988, 326; LG Bonn Beschl. v. 4.12.1990 –
4 T 499/90, ZlP 1991, 45, dazu EWiR 1991, 185 (Eickmann); AG Bad Neuenahr
KTS 1982, 152; KlP/Eickmann S3 InsVV Rdnr. 34.”).
Ebenso Kübler/Prütting § 3, Rdnr. 81 ff. (“Grundsätzlich kann sowohl für die
Bemühungen um eine übertragende Sanierung als auch die erfolgreiche
Umsetzung ein gesonderter Zuschlag von 50-100 % je Kriterium angesetzt
werden.””), Lorenz, in Frankfurter Kommentar zur Insolvenzordnung, 9. Auflage,
2018 § 3 Rdnr. 84: (bis zu 100 %)”
Für die Prüfung eines Insolvenzplanes wird dem Insolvenzverwalter je nach
Aufwand ein Zuschlag von 50 – 100 % (Kübler/Prütting/Bork-Prasser/Stoffler, § 3
InsVV Rdnr. 99 “Insolvenzplan”) gewährt.
Insgesamt setzt das Gericht hier aufgrund der entstandenen Mehrbelastung (durch die
Begleitung des Sanierungskonzeptes und die Maßnahmen im Zusammenhang
mit dem Insolvenzplan) einen zusammenfassenden Zuschlag von 0,40 an.
4.2. Abschläge
Ein Zurückbleiben hinter dem Regelsatz wäre grundsätzlich insbesondere
aufgrund der nachfolgend genannten Gründe denkbar:
Kurze Dauer der Sachwaltung
Geringe Anforderungen bei großer Masse
Abzüge sind wegen der vorgenannten Gründe nicht zu machen, da diese hier
nicht vorliegen.
4.3. Zusammenfassung
Unter Berücksichtigung der vorstehenden Ausführungen ist nach der Auffassung
des Gerichts eine Erhöhung des Regelfaktors des Sachverwalters
(Regelfaktor = 0,60 der Insolvenzverwaltervergütung) insgesamt um den Faktor
0,65 auf dann insgesamt 1,25 durchaus angezeigt.
5. Geschäftskosten, Auslagen, Haftpflichtversicherung (§§ 10, 4 InsVV)
5.1. Haftpflichtversicherung (§ 4 Abs. 3 InsVV)
Neben der berufsrechtlich zwingend abgeschlossenen Haftpflichtversicherung
wurde keine gesonderte Haftpflichtversicherung abgeschlossen.
5.2. Auslagen (§§ 10, 12 Abs. 3, 4, 8 InsVV)
Die Auslagen werden gemäß § 8 Abs. 3 InsVV pauschal abgerechnet. Der
Pauschsatz beträgt im ersten Jahr 15 % der Regelvergütung des
Insolvenzverwalters, ab dem zweiten Jahr 10 %.
Hier beträgt die Regelvergütung des Sachwalters …..€. Die Auslagen
ergeben sich wie folgt:
im ersten Jahr (vier Monate à 175,00 €) …..€
Des Weiteren sind folgende Zustellungskosten angefallen, da das
Insolvenzgericht den Sachwalter gemäß Insolvenzeröffnungsbeschluss vom
01.07.2023 mit den Zustellungen gemäß § 8 Abs. 3 InsO beauftragt hat. Diese
werden nicht von der Auslagenpauschale erfasst (siehe BGH, Beschluss vom
21.12.2006, IX ZB 129/05). Gemäß Beschluss des BGH vom 21.03.2013
können in diesem Zusammenhang die entstandenen Sach- und Personalkosten
geltend gemacht werden (siehe Beschluss des BGH vom 21.03.2013 – IX ZB
209/10; Amtsgericht Hannover, Geschäfts-Nr.: 903 IN 1168/07 – 5 -). Die
Zustellkosten ergeben sich daher wie folgt:
Zustellkosten für die Zustellung des Eröffnungsbeschlusses
(4 Gläubiger gemäß Zustellungsprotokoll vom 11.07.2023 x 3,50 €)
…..€
Zustellkosten für die Zustellung des des Insolvenzplans vom 13.09.2023
(13 Gläubiger gemäß Zustellungsprotokoll vom 29.09.2023 x 3,50 €)
…..€
Somit ergeben sich Auslagen in Höhe von insgesamt
…..€.
6.
Die Vergütung für die Sachwaltung setzt sich danach wie folgt zusammen:
97.463,12 € Berechnungsgrundlage
…..€ Regelvergütung § 2 InsVV
…..€ Regelvergütung für die Sachwaltung i.H.v. 60 %
…..€ Zuschläge (§§ 11, 10, 3 InsVV)
0,00 € Abschläge (§§ 11, 10, 3 Ins VV)
…..€ Gesamtvergütung
…..€ Umsatzsteuer hierauf i.H.v. 19%
…..€ Auslagen (§§ 10, 4 Abs. 2 Ins VV)
…..€ Umsatzsteuer hierauf i.H.v. 19%
…..€ Gesamtbetrag (Nettovergütung: …..€)
Die rechnerisch sich ergebende Vergütung in Höhe von …..€ ist angemessen und
erforderlich.
Um die erfolgreiche Sanierung der Ostfriesischer Kurier GmbH zu
unterstützen verzichtet der Sachwalter auf einen Teil der Vergütung und beantragte abschließend
die Festsetzung eines Betrages in Höhe von …..€ brutto.

Rechtsmittelbelehrung
Diese Entscheidung kann mit der sofortigen Beschwerde angefochten werden, soweit der Beschwerdegegenstand 200,00 EUR übersteigt. Soweit dies nicht der Fall ist, kann sie mit der befristeten Erinnerung angefochten werden, wenn die Entscheidung von einem Rechtspfleger getroffen wurde. Beschwerde- bzw. erinnerungsberechtigt ist, wer durch diese Entscheidung in seinen Rechten beeinträchtigt ist.
Die sofortige Beschwerde und die befristete Erinnerung sind innerhalb einer Notfrist von 2 Wochen einzulegen. Die Frist beginnt mit der Zustellung bzw. mit der Verkündung der Entscheidung. Soweit die Zustellung durch öffentliche Bekanntmachung erfolgt ist, beginnt sie, sobald nach dem Tage der Veröffentlichung zwei weitere Tage verstrichen sind. Erfolgt die öffentliche Bekanntmachung neben der Zustellung, ist für den Beginn der Frist das frühere Ereignis maßgebend.
Die sofortige Beschwerde ist bei dem Amtsgericht Aurich, Schloßplatz 2, 26603 Aurich einzulegen. Die befristete Erinnerung ist bei dem Amtsgericht Aurich, Schloßplatz 2, 26603 Aurich einzulegen.
Die Beschwerde bzw. Erinnerung kann durch Einreichung einer Beschwerdeschrift bzw. Erinnerungsschrift eingelegt oder auch zu Protokoll der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichts erklärt werden, wobei es für die Einhaltung der Frist auf den Eingang bei dem zuständigen Gericht ankommt. Sie ist von dem Beschwerdeführer bzw. Erinnerungsführer oder seinem Bevollmächtigten zu unterzeichnen. Die Beschwerde bzw. Erinnerung muss die Bezeichnung des angefochtenen Beschlusses sowie die Erklärung enthalten, dass Beschwerde bzw. Erinnerung gegen diesen Beschluss eingelegt wird. Soll die Entscheidung nur zum Teil angefochten werden, so ist der Umfang der Anfechtung zu bezeichnen.
Die Beschwerde bzw. Erinnerung soll begründet werden.
Der vollständige Beschluss kann von den Beteiligten in der Geschäftsstelle des Insolvenzgerichtes eingesehen werden.

Amtsgericht Aurich, 24.11.2023