Mondura Nord Lease GmbH

3 f IN 186/15 Ft

29.11.2023
Amtsgericht
Ludwigshafen am Rhein
Insolvenzgericht
Beschluss

In dem Insolvenzverfahren der
Mondura Nord Lease GmbH, Robert-Bosch-Str. 6, 67227 Frankenthal (Pfalz) (AG Ludwigshafen am Rhein, HRB 61927),
vertreten durch:
Sergey Kiselev, Bld. 4, Apt. 49, Rubelvskoye Shosse 26, RU-121615 Moskau, RUSSLAND, (Geschäftsführer),
Insolvenzverwalter
werden die Vergütung und Auslagen des Insolvenzverwalters festgesetzt auf:

X EUR Nettovergütung nach Insolvenzrechtliche
Vergütungsverordnung (InsVV)
X EUR Umsatzsteuer darauf in Höhe von 19 %
X EUR Auslagen zuzüglich
X EUR Umsatzsteuer darauf in Höhe von 19 %
327,60 EUR Zustellungskosten nach § 8 Abs. 3 InsO zuzüglich
62,24 EUR Umsatzsteuer darauf in Höhe von 19 %
X EUR Gesamtbetrag
Von dem festgesetzten Gesamtbetrag ist der bereits bewilligte Vorschuss in Höhe von X € in Abzug zu bringen, sodass ein restlicher Betrag von X € verbleibt, dessen Entnahme aus der Masse dem Insolvenzverwalter hiermit gestattet wird.
Gründe:
Der Insolvenzverwalter hat gem. § 63 Abs.1 InsO Anspruch auf Vergütung seiner Tätigkeit und Ersatz der ihm entstandenen Auslagen. Für die Bestimmung der Vergütung ist gem. § 65 InsO die Insolvenzrechtliche Vergütungsverordnung anzuwenden. Die Vergütung ist danach grundsätzlich nach dem Wert der Insolvenzmasse gem. § 1 InsVV zu ermitteln und die sich hieraus ergebende Vergütung des § 2 InsVV ggfls. um die Tatbestände des § 3 InsVV zu erhöhen oder zu mindern.
Nach § 8 Abs. 3 InsVV kann der Insolvenzverwalter zudem nach seiner Wahl an Stelle der tatsächlich entstandenen Auslagen einen Pauschsatz fordern, der im ersten Jahr 15 vom Hundert, danach 10 vom Hundert der Regelvergütung, höchstens jedoch 250,00 Euro je angefangenen Monat der Dauer der Tätigkeit des Insolvenzverwalters beträgt. Der Pauschsatz darf zudem 30 vom Hundert der Regelvergütung nicht übersteigen.
Zusätzlich zur Vergütung und zur Erstattung der Auslagen wird nach § 7 InsVV ein Betrag in Höhe der von dem Insolvenzverwalter zu zahlenden Umsatzsteuer festgesetzt.
Der Insolvenzverwalter beantragte vorliegend die Festsetzung einer Tätigkeitsvergütung auf Basis von 2,3693 Regelsätzen (§§1,2,3 InsVV) nebst Auslagenpauschale sowie Auslagen für die von ihm vorgenommenen Zustellungen nach § 8 Abs. 3 InsO und Mehrwertsteuer.
Die Vergütung war nach dem Ergebnis der beanstandungsfreien Prüfung der Schlussrechnung und der eingereichten Unterlagen und Belege antragsgemäß zu gewähren.
Überschreitungen des Regelsatzes sind geboten, wenn das Verfahren insgesamt als überdurchschnittlich erachtet werden kann.
Zuschläge sind also dann festzusetzen, wenn das konkrete Verfahren in der Abwicklung tätigkeitsbezogene Besonderheiten aufweist, die in Quantität oder Qualität über das Normalmaß hinausgehen und somit eine Anpassung der Vergütung erfordern, um ein Missverhältnis nicht entstehen zu lassen.
Die Abweichung vom ” Normalfall” muss so signifikant sein, dass objektiv erkennbar ein Missverhältnis entstünde, wenn nicht die besondere und vom Umfang her erhebliche Tätigkeit des Insolvenzverwalters in einer ebenfalls vom Normalfall entsprechend abweichenden Vergütung ihre Honorierung fände.
Inwieweit die Festsetzung von Zuschlägen dem Grunde und der Höhe nach angemessen ist, ist letztlich durch eine auf das Ganze bezogene Angemessenheitsbetrachtung zu entscheiden (Haarmeyer/Wutzke/Förster, 4. Aufl. 2007, § 3 InsVV Rn 8). Daraus folgt, dass einzelnen Erhöhungssätzen, welche in der Literatur für bestimmte Erhöhungstatbestände vorgeschlagen werden oder auch sogen. Faustregeltabellen, lediglich der Charakter einer Orientierungshilfe zukommen kann (vgl. Haarmeyer/Wutzke/Förster, a.a.O. Rn 78),
Vorliegend waren nach Prüfung die beantragten Zuschläge wie folgt zu bewerten:
Betriebsfortführung 76,93%:
Hinsichtlich der erfolgten Betriebsfortführung über einen Zeitraum von 17 Monaten ist es vorliegend nach Prüfung angemessen, einen Zuschlag von 80% -jedoch unter Berücksichtigung der erfolgten Massemehrung während der Betriebsfortführung- in Ansatz zu bringen.
Denn nach § 3 Abs.1 Buchstabe b), 10 InsVV ist eine den Regelsatz übersteigende Vergütung festzusetzen, wenn der Verwalter das Unternehmen fortgeführt hat und die Masse nicht entsprechend größer geworden ist. Beide Tatbestandsmerkmale müssen kumulativ gegeben sein. Von einer “entsprechend” größeren Masse ist auszugehen, wenn die Erhöhung der Vergütung, die sich aus der Massemehrung ergibt (§ 2 Abs.1 Nr.3 InsVV), ungefähr den Betrag erreicht, der dem Verwalter bei unveränderter Masse über einen Zuschlag zustände. Denn der Verwalter, der durch die Betriebsfortführung eine Anreicherung der Masse bewirkt, darf vergütungsmäßig nicht schlechter stehen, als wenn die Masse nicht angereichert worden wäre. Ist die sich aus der Massemehrung ergebende Erhöhung der Vergütung niedriger als der Betrag, der über den als angemessen erachteten Zuschlag ohne Massemehrung verdient wäre, so ist ein Zuschlag zu gewähren, der die bestehende Differenz ausgleicht (vgl. nur BGH NZI 2007, 343; Hamburger Kommentar zur InsO, 3. Aufl., § 3 InsVV Rn. 2a). Höher darf der Zuschlag jedoch nicht sein, da andernfalls der Insolvenzverwalter für seine Bemühungen um die Betriebsfortführung doppelt honoriert würde (so auch BGH NZI 2008, 239 f.; ZInsO 2009, 55 f.; NZI 2009, 49 ff.).
Sofern -wie hier- aufgrund eines Überschusses bei der Betriebsfortführung die Berechnungsgrundlage erhöht ist, berechnen sich auch alle anderem im Verfahren zu gewährenden Zuschläge aus der erhöhten Berechnungsgrundlage. Der mit der Vergleichsrechnung ermittelte Ausgleichszuschlag ist daher in die Angemessenheitsbetrachtung zur Festlegung eines Gesamtzuschlags einzubeziehen (BGH, ZInsO 2011, 1422, 1424) und -ggfls.- zu relativieren.
Zunächst ist also eine Vergleichsberechnung durchzuführen. Hierzu ist der Wert, um den sich die Masse durch die Unternehmensfortführung vergrößert hat, und die dadurch bedingte Zunahme der Regelvergütung mit der Höhe der Vergütung zu vergleichen, die ohne die Massemehrung über den dann zu gewährenden Zuschlag erreicht würde (BGH NZI 2009, 49 ff. m. w. N.).
Die erforderliche Vergleichsberechnung wurde vom Verwalter erstellt. Aus den dieser korrekt zugrunde gelegten Beträgen ergibt sich eine Mehrvergütung aus der Fortführung von nur 3,07%.
Entsprechend der schlüssigen Schilderungen im Schlussbericht war die Fortführung nicht nur von ungewöhnlich langer Dauer, sondern auch besonders aufwendig. Im gesamten Zeitraum fanden werktäglich Besprechungen mit den Mitarbeitern und weiteren Beteiligten sowie ein hohes Maß an E-Mail Verkehr statt. Die umfangreichen Immobilien wurden “kalt” zwangsverwaltet, der Zahlungsverkehr engmaschig überwacht. Alle Zahlungen erfolgten auf Basis einer vom Verwalter jeweils vorgenommenen Prüfung des Einzelfalls mittels gesondertem Freigabeauftrag und entsprechender Bewertung einer Vielzahl mietrechtlicher Fragen.
Für die dargelegten Tätigkeiten wäre ein Zuschlag von 80% angemessen. In Anbetracht der aus dem Überschuss sich ergebenden “Mehrvergütung” war ein ausgleichender Zuschlag von 76,93% damit nicht zu beanstanden.
Sanierungsbemühungen 70%:
Im zugrundeliegenden Verfahren wurden bereits im vorläufigen Verfahren Bemühungen um eine Sanierung /eine Übertragung des Geschäftsbetriebes entfaltet.
Es fanden zunächst mit mehreren Interessenten persönliche Besprechungen und Videokonferenzen statt, die aufgrund wiederholt wechselnder Angebote nicht zielführend waren. Nachfolgend wurden in einem öffentlichen Bieteverfahren überregional 124 Interessenten generiert, deren Bestand sich durch das einzelne Prüfen von Solvenz und Übernahmefähigkeit reduzierte. Mithilfe des Einrichtens eines elektronischen Datenraums wurden passende Übernehmer genauer informiert und gleichzeitig auch weiter gefiltert. Nach Abschluss des zeitintensiven Auswahlverfahrens wurden den restlichen Interessenten Besichtigungsmöglichkeiten eingeräumt, die der Verwalter persönlich begleitete. Des Weiteren wurden aufgrund des Umfangs und der Schwierigkeiten mit den Belastungen der Immobilien mehrere Kaufvertragsentwürfe erstellt und nachverhandelt. Diese waren letztlich nicht zielführend, aus der Zwangsversteigerung floss der Masse kein diesen Aufwand vergütungsrechtlich ausgleichender Betrag zu.
Ohne den beantragten Zuschlag stünde die Honorierung hier in einem deutlichen Missverhältnis zur entfalteten Tätigkeit um die Sanierungsbemühungen, weshalb dieser antragsgemäß zuzubilligen ist.
Durch die Tätigkeit im vorliegenden Verfahren kann beim Verwalter definitiv Arbeit erspart werden.
Dies rechtfertigt nach ständiger Rechtsprechung des BGH (seit BGH, ZInsO 2006, 642 ff.) in der Regel einen Abschlag von der Vergütung als endgültiger Verwalter. Die Rechtsprechung geht hier davon aus, dass der vorläufige Insolvenzverwalter, wenn er pflichtgemäß tätig geworden ist, dem endgültigen Verwalter messbar Tätigkeiten erspart (BGH, ZInsO 2009, 1367, 1368) u.a. bei der Erstellung der Vermögensübersicht, der Feststellung der Gläubiger, der Drittschuldner etc. Da eine Doppelvergütung zu vermeiden ist, sind Tätigkeiten, die der vorläufige Verwalter bereits erbracht hat und für die eine Vergütung gewährt wurde, gegenüber dem Insolvenzverwalter nicht mehr zu vergüten (BGH, ZInsO 2006, 642, 644).
Der Verwalter selbst nahm diesbezüglich einen solchen Abzug von 10% vor, der im Rahmen der Gesamtbetrachtung nicht zu beanstanden war.
Der Verwalter delegierte ausweislich der ordnungsgemäßen Aufstellung in der Schlussrechnung Tätigkeiten an Hilfspersonen und Dritte, die aus der Masse reguliert wurden. Es fanden sich dabei keine Delegationen von Regelaufgaben zu Lasten der Masse, sodass von dem Gesamtvergütungsbetrag keine Abzüge vorzunehmen waren.
Es ergaben sich gleichfalls keine Absetzungen von der Berechnungsmasse wegen des Einsatzes eigener Sachkunde (§ 5 InsVV).
Hinsichtlich der Zahlung einer außergerichtlichen Terminsgebühr wurde das zu einer Anerkennung erforderliche Vorliegen eines unbedingten Klageauftrages nachgewiesen, sodass sich auch insoweit kein Korrekturbedarf ergab.
In Abzug zu bringen war damit nur der bereits entnommene Vorschuss auf die Vergütung.

Auf Basis einer Berechnungsmasse von 2.691.981,95 € war nach §§ 1,2,3 InsVV damit eine Vergütung von X € festzusetzen nebst einer Auslagenpauschale in Höhe von X € ( 30 % der Regelvergütung) sowie Ersatz für die übertragenen Zustellungen und der gesetzlichen Mehrwertsteuer.
Die berechneten Auslagen und Mehrwertsteuerbeträge entsprachen den gesetzlichen Bestimmungen, die Entstehung der Auslagen für die übertragenen Zustellungen war anhand der Akte nachvollziehbar, die Höhe derselben war als angemessen zu erachten.
Nachdem im Verfahren eine ausreichende Teilungsmasse generiert werden konnte, war die Entnahme des festgesetzten Betrages aus der Insolvenzmasse zu gestatten.
Rechtsmittelbelehrung
Diese Entscheidung kann mit der sofortigen Beschwerde angefochten werden, soweit der Beschwerdegegenstand 200 EUR übersteigt. Soweit dies nicht der Fall ist, kann sie mit der befristeten Erinnerung angefochten werden, wenn die Entscheidung von einem Rechtspfleger getroffen wurde. Beschwerde- bzw. erinnerungsberechtigt ist, wer durch diese Entscheidung in seinen Rechten beeinträchtigt ist.
Die sofortige Beschwerde und die befristete Erinnerung sind innerhalb einer Notfrist von 2 Wochen einzulegen. Die Frist beginnt mit der Zustellung bzw. mit der Verkündung der Entscheidung. Soweit die Zustellung durch öffentliche Bekanntmachung erfolgt ist, beginnt sie, sobald nach dem Tage der Veröffentlichung zwei weitere Tage verstrichen sind. Erfolgt die öffentliche Bekanntmachung neben der Zustellung, ist für den Beginn der Frist das frühere Ereignis maßgebend.
Die sofortige Beschwerde ist bei dem Amtsgericht Ludwigshafen am Rhein, Wittelsbachstr. 10, 67061 Ludwigshafen am Rhein einzulegen. Die befristete Erinnerung ist bei dem Amtsgericht Ludwigshafen am Rhein, Wittelsbachstr. 10, 67061 Ludwigshafen am Rhein einzulegen.
Die Beschwerde bzw. Erinnerung kann durch Einreichung einer Beschwerdeschrift bzw. Erinnerungsschrift eingelegt oder auch zu Protokoll der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichts erklärt werden, wobei es für die Einhaltung der Frist auf den Eingang bei dem zuständigen Gericht ankommt. Sie ist von dem Beschwerdeführer bzw. Erinnerungsführer oder seinem Bevollmächtigten zu unterzeichnen. Die Beschwerde bzw. Erinnerung muss die Bezeichnung des angefochtenen Beschlusses sowie die Erklärung enthalten, dass Beschwerde bzw. Erinnerung gegen diesen Beschluss eingelegt wird. Soll die Entscheidung nur zum Teil angefochten werden, so ist der Umfang der Anfechtung zu bezeichnen.
Die Beschwerde bzw. Erinnerung soll begründet werden.
Rechtsbehelfe können auch als elektronisches Dokument eingereicht werden. Eine einfache E-Mail genügt den gesetzlichen Anforderungen nicht.
Rechtsbehelfe, die durch eine Rechtsanwältin, einen Rechtsanwalt, durch eine Behörde oder durch eine juristische Person des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihr zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse eingereicht werden, sind als elektronisches Dokument einzureichen, es sei denn, dass dies aus technischen Gründen vorübergehend nicht möglich ist. In diesem Fall bleibt die Übermittlung nach den allgemeinen Vorschriften zulässig, wobei die vorübergehende Unmöglichkeit bei der Ersatzeinreichung oder unverzüglich danach glaubhaft zu machen ist. Auf Anforderung ist das elektronische Dokument nachzureichen.
Elektronische Dokumente müssen
– mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder
– von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht werden.
Ein elektronisches Dokument, das mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen ist, darf wie folgt übermittelt werden:
– auf einem sicheren Übermittlungsweg oder
– an das für den Empfang elektronischer Dokumente eingerichtete Elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach (EGVP) des Gerichts.
Wegen der sicheren Übermittlungswege wird auf § 130a Absatz 4 der Zivilprozessordnung verwiesen. Hinsichtlich der weiteren Voraussetzungen zur elektronischen Kommunikation mit den Gerichten wird auf die Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) in der jeweils geltenden Fassung sowie auf die Internetseite www.justiz.de verwiesen.
Rechtspflegerin
Hinweis:
Nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 14.12.2017, IX ZB 65/16 erfolgt die Veröffentlichung dieses Beschlusses ohne die festgesetzten Beträge (§ 64 Abs. 2 Satz 2 InsO).
Der vollständige Beschluss kann in der zuständigen Geschäftsstelle des Insolvenzgerichts eingesehen werden.