Bernhard Beckmann GmbH & Co. Kommanditgesellschaft

Amtsgericht Münster, Aktenzeichen: 80 IN 97/11
In dem Insolvenzverfahren über das Vermögen
der im Handelsregister des Amtsgerichts Münster unter HRA 6488 eingetragenen Bernhard Beckmann GmbH & Co. Kommanditgesellschaft, Bergstraße 3, 59229 Ahlen, gesetzlich vertreten durch die persönlich haftende Gesellschafterin, die im Handelsregister des Amtsgerichts Münster unter HRB 8496 eingetragene Bernhard Beckmann GmbH, Bergstraße 3, 59229 Ahlen, diese vertreten durch den Geschäftsführer Bernhard Beckmann, Winkelstraße 94, 59227 Ahlen

Insolvenzverwalter: Rechtsanwalt Michael Mönig, Schorlemer Straße 26, 48143 Münster

werden die Vergütung und Auslagen des Insolvenzverwalters wie folgt festgesetzt:
Vergütung XXX EUR
Auslagen, die der regulären Mehrwertsteuer von 19 % unterliegen XXX EUR
Zwischensumme XXX EUR
zuzüglich 19 % Mehrwertsteuer von XXX EUR XXX EUR
Endbetrag XXX EUR
Im Übrigen wird der Festsetzungsantrag vom 07.09.2022 zurückgewiesen.
Von der Nettovergütung sind nicht notwendigerweise begründete und zu Lasten der Insolvenzmasse berichtigte Masseverbindlichkeiten in Höhe von XXX EUR – netto – in Abzug zu bringen, so dass XXX EUR – brutto – verbleiben.
Auf diesen Betrag ist der mit Zustimmung des Insolvenzgerichts entnommene Vorschuss in Höhe von XXX EUR anzurechnen, so dass noch offene XXX EUR zu entnehmen sind.

Gründe:
Der Insolvenzverwalter übt sein Amt seit dem 01.02.2012 aus. Nach § 63 InsO hat er Anspruch auf Vergütung für seine Geschäftsführung und auf Erstattung angemessener Auslagen.
Grundlage für die Berechnung der Vergütung ist der Wert der Insolvenzmasse, auf die sich die Schlussrechnung bezieht. Für den Fall der Aufhebung des Insolvenzverfahrens durch Bestätigung eines Insolvenzplans oder einer vorzeitigen Beendigung durch eine Verfahrenseinstellung ist die Vergütung nach dem Schätzwert der Masse zurzeit der Beendigung des Verfahrens zu berechnen (§ 1 Abs. 1 InsVV).
Die Vergütung wird nach einem Regelsatz ermittelt, der gestaffelt aufgebaut ist. Der Regelsatz besteht in einem degressiv steigenden Prozentwert der Insolvenzmasse (§ 2 Abs. 1 InsVV).
Der Regelsatz soll mindestens XXX EUR betragen. Er kann sich in Abhängigkeit von der Anzahl der Gläubiger, die ihre Forderungen angemeldet haben, erhöhen (§ 2 Abs. 2 InsVV).
Je nach Umfang und Schwierigkeit der Geschäftsführung kann die Vergütung den Regelsatz überschreiten oder hinter ihm zurückbleiben (§ 3 InsVV).
Nach der Schlussrechnung des Insolvenzverwalters beträgt die Masse voraussichtlich XXX EUR, wobei die Vorsteuer aus der restlichen Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters in Höhe von XXX EUR nicht zu berücksichtigen ist.
Dem Insolvenzverwalter wird mit heutigem Schreiben aufgegeben, den Festsetzungsantrag für die Tätigkeit als vorläufiger Insolvenzverwalter vom 07.09.2022 zurückzunehmen, da die Wertdifferenz lediglich 18,9 % beträgt und damit eine Durchbrechung der Rechtskraft des Vergütungsfestsetzungsbeschlusses vom 05.09.2013 im Rahmen von § 11 Absatz 2 InsVV nicht stattfindet.
Der auf der Grundlage der Teilungsmasse berechnete Regelsatz der Vergütung beträgt demnach XXX EUR(§ 2 Abs. 1 InsVV). Demgegenüber beläuft sich die Mindestvergütung nach § 2 Abs. 2 InsVV unter Berücksichtigung von 98 Gläubigern auf XXX EUR. Maßgebend für die Festsetzung ist der ermittelte höhere Regelsatz.
Bei der Schuldnerin handelt es sich um eine Blechwarenfabrik, die in drei unterschiedlichen Bereichen tätig war und zwar in den Bereichen Behälterbau(Emballagen), Müllentsorgungssysteme und Edelstahlverarbeitung.
“Während der Bereich der Emballagen weiterhin gute Umsätze erzielen konnte, sind vor allem in den Bereichen Müllentsorgung und Edelstahlverwarbeitung die Umsätze in den letzten Jahren stark zurückgegangen.”(s. Bericht des Insolvenzverwalters vom 17.04.2012 – Seite 10 – Blatt 236 der Hauptakte -). Im schuldnerischen Unternehmen waren zum Zeitpunkt der Insolvenzantragstellung 34 Mitarbeiter beschäftigt.
Mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 01.02.2012 wurde der schuldnerische Betrieb im Wege der Ausproduktion über fünf Monate fortgeführt.
Im Hinblick auf Umfang und Schwierigkeit der Geschäftsführung im vorliegenden Verfahren und dem Umstand, dass der Verwalter bereits während des Eröffnungsverfahrens als vorläufiger Insolvenzverwalter mit der Sache befasst war und somit auf die bereits in diesem Verfahrensstadium gewonnenen Erkenntnisse und gutachterlichen Feststellungen des mit der Erstellung des Fortführungsgutachtens beauftragten Heinz Gahrmann zurückgreifen konnte, ist die Festsetzung des 1.1-fachen Regelsatzes und damit auf den Betrag von XXX EUR gerechtfertigt.
Der geltend gemachte Zuschlag für die Betriebsfortführung beziehungsweise richtigerweise für die Ausproduktion in der Zeit vom 01.02.2012 bis 30.06.2012 ist auf 10 % zu kürzen und festzusetzen.
Der Insolvenzverwalter trägt in dem Zusammenhang vor:
“Damit waren täglich eine Vielzahl von betrieblichen Entscheidungen zu treffen und die Finanzierbarkeit zu überwachen, um die Befriedigung der begründeten Masseverbindlichkeiten zu gewährleisten. Der Geschäftsbetrieb wurde zwar mit einem geringeren Personalbestand fortgeführt, hinsichtlich der Ausproduktion jedoch in vollem Umfang aufrechterhalten. Sämtliche Bestellungen und Geldflüsse wurden mit mir abgestimmt. Lieferanten und Vertragspartnern habe ich im Fortführungszeitraum auftragsgebundene Zahlungszusagen gegeben. Das persönliche Haftungsrisiko war infolge der uneingeschränkten Begründung von Masseverbindlichkeiten im eröffneten Verfahren entsprechend erhöht.”
Festzuhalten bleibt in dem Zusammenhang, dass Herr Heinz Gahrmann – ebenfalls Schorlemer Straße 26, 48143 Münster – mit dem Controlling wie im Eröffnungsverfahren auch im eröffneten Insolvenzverfahren beauftragt worden ist und hierfür 44,50 Stunden im vorgenannten Zeitraum in Rechnung gestellt hat mit einem Stundenhonorar von XXX EUR, mithin insgesamt in Höhe von XXX EUR (Blatt 1041 bis 1047 der Hauptakte).
Im Übrigen konnte der Insolvenzverwalter auf die Kalkulation entsprechender Aufträge durch Herrn Heinz Gahrmann im Eröffnungsverfahren und auf das Fortführungsgutachten des Herrn Heinz Gahrmann vom 25.01.2012 zurückgreifen (s. Blatt 299 bis 304), in dem es u.a. heißt:
“Aufgrund bereits vorliegender Aufträge sowie mit Blick auf das traditionell starke I Quartal zu unterstellender Aufträge scheint jedoch eine sukzessive Ausproduktion bis Ende 03/2012 sinnvoll. Die diesbezüglich Planungen sind den Anlagen I – II zu entnehmen…
Die Personalkosten entsprechen der Anzahl der Mitarbeiter die gem. Aussage aus dem Unternehmen für die Abwicklung des geplanten Umsatzvolumens erforderlich wären. Grundsätzlich müssen allen Mitarbeitern mit Insolvenzeröffnung gekündigt werden und zusätzlich die zur Aufrechterhaltung der Ausproduktion nicht erforderlichen Mitarbeiter freigestellt werden. Weiterhin benötigt würden 15(Anlage I) bzw. 29(Anlage II) Mitarbeiter…
Fazit:
Im Rahmen der Ausproduktion können positive Deckungsbeiträge erwirtschaftet werden, sofern die Personalstärke den Erfordernissen aus der Produktion angepasst wird…”
Weitergehende Aufträge wurden nach Insolvenzeröffnung nicht angenommen.
Auf gerichtliche Nachfrage, wie viele Aufträge mit welchem Auftragsvolumen nach Eröffnung im Wege der Ausproduktion noch erledigt worden sind, teilte der Insolvenzverwalter in dem Zusasmmenhang mit Schreiben vom 26.02.2020 – Blatt 767 der Hauptakte – mit:
“Bei dem nach Eröffnungsstichtag realisierten Auftragsvolumen über XXX EUR handelt es sich ausschließlich um im Antragsverfahren eingegangene Aufträge. Diese Aufträge mussten im vorläufigen Verfahren angenommen werden, um nach außen die Fortführung des Unternehmens zu signalisieren und somit zumindest theoretisch die Verkaufbarkeit der Insolvenzschuldnerin zu erhalten. Die Anzahl der Einzelaufträge lässt sich zum heutigen Zeitpunkt nicht mehr rekonstruieren.”
Mit gerichtlichen Schreiben vom 31.05.2022, 31.08.2022, 11.10.2022 sowie 26.10.2022 wurde der Insolvenzverwalter darüber hinaus angesichts des negativen Ergebnisses der Ausproduktion von jedenfalls XXX EUR aufgefordert mitzuteilen, ob der mit dem Controlling beauftragte Heinz Gahrmann nach Zusammenführung der gelieferten Zahlen der verschiedenen Bereiche und Überprüfung und Überwachung derselben von einer Kostendeckung bei der Ausproduktion ausgegangen ist und wenn ja mit welchem Übererlös im Rahmen der Ausproduktion gerechnet worden ist.
Trotz Ankündigung des Insolvenzverwalters mit Schreiben vom 17.06.2022 a.E. – Blatt 100 der Hauptakte – hat der Insolvenzverwalter hierzu keinerlei Auskunft erteilt.
Darüber hinaus wird bei der Bemessung des geltend gemachten Zuschlags für die Ausproduktion davon ausgegangen, dass der Geschäftsführer auch im eröffneten Insolvenzverfahren für den Insolvenzverwalter ansprechbar war und für Auskünfte vollumfänglich zur Verfügung stand, was nicht unberücksichtigt bleiben kann(s. a. LG Münster, Beschluss vom 07.11.2013 – Az. 5 T 568/13 – Blatt 488 R der Hauptakte -).

Nach alledem erschließt sich dem Insolvenzgericht nicht, welche Vielzahl von Entscheidungen, welche Überwachungstätigkeit und welche Abstimmungsarbeiten in zuschlagsbegründender Weise darüber hinaus durch den Insolvenzverwalter erbracht worden sind, als dass sie mehr als 10 % rechtfertigen könnten.
Wegen der näheren Einzelheiten wird auf die bisher erstatteten Tätigkeitsberichte und den Vergütungsantrag vom 07.09.2022 verwiesen.
Neben der Vergütung sind nach § 4 Abs. 2 InsVV besondere Kosten, die im Einzelfall entstanden sind, als Auslagen zu erstatten.
Anstelle der tatsächlich entstandenen Auslagen kann der Insolvenzverwalter nach § 8 Abs. 3 InsVV einen vergütungsabhängigen Pauschsatz fordern. Der Pauschsatz beträgt im ersten Jahr 15 vom Hundert, danach 10 vom Hundert der Regelvergütung, höchstens jedoch 250,00 EUR je angefangenen Monat der Tätigkeit des Verwalters. Er darf 30 vom Hundert der Regelvergütung nicht übersteigen.
Der Pauschbetrag war antragsgemäß festzusetzen.
Neben dem Pauschbetrag waren die dem Verwalter infolge der Übertragung der Zustellungen entstandenen Auslagen festzusetzen.
Unter Hinweis auf den BGH-Beschluss vom 11.11.2004 – Az. IX ZB 48/04 – sind die Kosten für die Beauftragung der Schlotmann und Partner GbR für die Teilnahme an der Prüfung der Deutschen Rentenversicherung in Höhe von XXX EUR (4 h x XXX EUR) – s. Blatt 1068 der Hauptakte – von der Nettovergütung in Abzug zu bringen, da zu Umfang und Schwierigkeit bei der Betriebsprüfung nichts Konkretes vorgetragen worden ist – auch nicht mit Schreiben vom 12.02.2021 a.E. – Blatt 808 der Hauptakte -).
Ferner ist nicht ersichtlich, aus welchem Grund der Insolvenzverwalter und/oder einer seiner Mitarbeiter nicht in der Lage gewesen sein soll, auf die in Auftrag gegebene Lohnbuchhaltung zurückzugreifen und die Rückfragen nicht selbst zu beantworten.
Gleiches gilt für die Beauftragung von Rechtsanwalt Voitzsch entstandenen und zu Lasten der Insolvenzmasse beglichenen Anwaltskosten in Höhe von 651,80 EUR – netto – Blatt 1051 der Hauptakte -).
Es erschließt sich nicht, aus welchem Grund der Insolvenzverwalter außerstande war, im Rahmen der Regeltätigkeit des Insolvenzverwalters selbst zu überprüfen, inwieweit das BGH-Urteil vom 07.04.2005(IX ZR 138/04) hier zu berücksichtigen ist. Es dürfte auch für den Insolvenzverwalter möglich gewesen sein festzustellen, dass gar keine Verpfändung vorliegt. Gleiches gilt für die Frage, ob die Bezugsberechtigung von Anfang widerrruflich gestaltet beziehungsweise gegebenenfalls als unwiderruflich vereinbart worden ist.
Der Einwand des Insolvenzverwalters, die anwaltliche Beauftragung erfolgte, um nicht “Richter in eigener Sache sein zu müssen” führt insoweit zu keiner anderen Beurteilung, als dass die Notwendigkeit der Beauftragung nicht gegeben war.

Rechtsmittelbelehrung
Gegen die Vergütungsfestsetzung ist die sofortige Beschwerde gem. § 64 Abs. 3 InsO; § 567 Abs. 2 ZPO i.V.m. § 11 RPflG an das Amtsgericht Münster statthaft, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt oder das Amtsgericht die Beschwerde zugelassen hat. Wird der Beschwerdewert von 200,00 EUR nicht erreicht, ist der Rechtsbehelf der Erinnerung gem. § 11 Abs. 2 RPflG gegeben. Beide Rechtsmittel stehen, soweit beschwert, dem Verwalter/Treuhänder/Sachwalter und dem Schuldner und jedem Insolvenzgläubiger zu.
Die sofortige Beschwerde als auch die Erinnerung müssen innerhalb von zwei Wochen bei dem Amtsgericht Münster eingegangen sein. Sie sind schriftlich in deutscher Sprache bei dem Amtsgericht Münster, Gerichtsstr. 2-6, 48149 Münster einzulegen. Beide Rechtsmittel können auch zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichts erklärt werden.
Das Rechtsmittel muss binnen einer Frist von zwei Wochen bei dem zuständigen Amtsgericht Münster eingegangen sein. Das gilt auch dann, wenn es zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines anderen als dem nach dieser Belehrung zuständigen Amtsgerichts abgegeben wurde. Die Frist beginnt jeweils mit der Verkündung der Entscheidung oder, wenn diese nicht verkündet wird, mit deren Zustellung. Zum Nachweis der Zustellung genügt auch die öffentliche Bekanntmachung. Diese gilt als bewirkt, sobald nach dem Tag der unter www.insolvenzbekanntmachungen.de erfolgten Veröffentlichung zwei weitere Tage verstrichen sind. Maßgeblich für den Beginn der Beschwerdefrist ist der frühere Zeitpunkt.
Das Rechtsmittel muss die Bezeichnung der angefochtenen Entscheidung sowie die Erklärung enthalten, dass Erinnerung gegen diesen Beschluss eingelegt wird. Sie soll begründet werden.
Der vollständige Beschluss kann in der Geschäftsstelle des Amtsgerichts Münster, Gebäudeteil Eingang B, Gerichtsstr. 2-6, 48149 Münster, Zimmer Nr. 217 B eingesehen werden.

80 IN 97/11
Amtsgericht Münster, 03.01.2024